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PageAutor: Pfarrer Zillmann
(03.02.2008)
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Andacht - Praktizierende
Konsumenten (Jes 40,31)
01.12.07 Pfr. Zillmann
"Die auf den Herrn harren, kriegen neue
Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler,
dass sie laufen und nicht
matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. "
Jesaja 40, 31
Liebe Lesergemeinde, stellen sie sich einmal vor, jemand
kommt mit seinem Kamel aus der Wüste nach Berlin und will mit
diesem Kamel U-Bahn fahren - dann wird er Probleme bekommen. Solch ein
Ansinnen gehört verboten und bestraft - würden viele sagen.
Das hat nichts mit religiösen Vorbehalten oder
Ausländerfeindlichkeit zu tun. Ein Kamel gehört nun mal nicht
in die U-Bahn.
Schwieriger wird es, wenn Muslime eine Kirche kaufen und sie in eine
Moschee umwandeln wollen – wie jüngst hier in Berlin geschehen.
Hier entstehen bei den Beteiligten Ängste, die wir nicht mit
toleranter Gleichgültigkeit ignorieren können.
Am meisten erschüttert sind komischerweise Christen, die nie oder
selten eine Kirche von innen gesehen haben. Und unruhig werden auch die
Menschen, für die Gottesglaube sowieso fauler Zauber in einer
aufgeklärten Umwelt ist. Sie fühlen sich vom religiösen Fundamentalismus in unserem Lande
bedroht. Der wachsende Islam läßt die Alarmglocken klingen,
gerade bei Atheisten.
Offensichtlich kommt die konsumorientierte Spaßgesellschaft jetzt an ihre
Grenzen. Wer seine eigenen Glaubensgrundlagen vergisst und Sonntags
lieber ein ganz "geiler Geiziger" ist, um das mal so zu sagen, der
muß sich nicht wundern, wenn Kirchen vor Langeweile gähnend
leer sind. "Da wird einem ja nichts
geboten! Nicht mal Abendmahl gibt
es im Sonderangebot."
Richtig, liebe Gemeinde, Gottesdienst ist oftmals eine schwere Kost,
mit Tradition überladen, für Otto Normalverbraucher kaum
verständlich. Aber Gottesdienst
kann man auch nicht mit einem Event im Kaufhaus vergleichen. Kaufhaus
ist Kaufhaus und Kirche ist Kirche.
"Stell dir mal vor, es
gibt eine Neueröffnung im Einkaufcenter und niemand geht hin."
Trösten sie sich, das wird kaum passieren.
"Stell dir mal vor es ist
Kirche und niemand geht hin?" Das können wir uns gut
vorstellen und deshalb wird aus einer Kirche auch schnell eine Moschee.
Wir haben ungewollt alle mit den Füßen abgestimmt und jetzt
merken wir das - und das tut weh. Wir sind meist praktizierende
Konsumenten und nur wenige sind praktizierende Christen. Es liegt an
uns, ob wir das ändern
wollen.
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Predigt - Die Zeit ist
kurz - christliche Lebensführung (1 Kor 7,29-32b)
21.10.07 Pfr. Zillmann
Liebe Gemeinde, einer der
Predigtexte für den heutigen Sonntag steht im Korintherbrief. Der
Apostel Paulus schreibt dort:
"Denn
ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz.
Daher soll, wer eine Frau
hat,
sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine;
wer weint, als weine er
nicht;
wer sich freut, als freue
er
sich nicht;
wer kauft, als würde
er
nicht Eigentümer;
wer sich die Welt zunutze
macht, als nutze er sie nicht,
denn die Gestalt dieser
Welt
vergeht.
Ich wünschte aber,
ihr
wäret ohne Sorgen."
In der griechischen Stadt Korinth, damals vor fast 2000 Jahren, da gab
es neben dem Apostel Paulus auch noch andere Prediger. Sie alle
berichteten von Jesus Christus und beeinflußten die Gemeinden.
Jeder versuchte auf seine Art und Weise die christliche Botschaft den
Menschen nahezubringen. Eine Bibel, so wie wir sie heute kennen, gab es
damals noch nicht. Und das brachte natürlich viel Verwirrung.
Besonders bei der christlichen
Lebensführung gab es die unterschiedlichsten Ansichten. Der
eine sagte dies und der andere das. "So
muß ein Christ leben und nicht anders!" - "Nein - ein Christ
muß das und das tun, und anderes ist ihm verboten."
Solche Probleme sind uns nicht fremd. Wie ein Christ richtig zu leben
hat, ist auch heutzutage ein Streitpunkt - gerade bei Fundamentalisten.
Und deshalb können wir eine ganze Menge lernen, wenn wir wissen,
wie sich damals die Christen mit ihren Lebensproblemen rumgeplagt
haben. In der Bibel sind uns solche Geschichten überliefert. Die
Stelle im Korintherbrief ist nur ein Beispiel von vielen.
"Was sollen wir davon
halten,
lieber Paulus?" fragten die Christen in Korinth zweifelnd, "Zu uns kommen Prediger, die uns
verwirren. Die einen behaupten, wir sind als Christen freie Menschen. Wir sind frei von
den religiösen Geboten und Verboten, die ja doch nur von Menschen
gemacht wurden. Wir sollen das Leben genießen, solange noch Zeit
ist."
Und andere sagen: "Um Gottes willen.
Wenn ihr euch dieser Welt hingebt, seid ihr verloren. Tut nicht mehr
das, was ihr bisher getan habt. Gebt die Ehe auf. Verschenkt euer Geld.
Hört auf zu arbeiten. Weint nicht und lacht nicht. Alles, was in
der Welt geschieht, geht euch nichts mehr an. Wendet euch Gott zu und ihr seid
wirklich frei." Diese beiden Meinungen standen gegenüber
und die Frage der Christen war: "Lieber Paulus, was sollen wir nun
machen?"
Die Antwort des Paulus ist nicht einfach. Er sagt den Korinthern nicht,
Christen haben genau das und das zu tun und anderes sollen sie
tunlichst unterlassen. Nein - er macht ihnen klar, daß Christen
eine ganz andere Freiheit besitzen. Eine Freiheit, die vorallendingen
im Innern des Menschen ihren Platz hat und nicht an
Äußerlichkeiten gebunden ist: "...denn die Gestalt dieser Welt vergeht."
Frauen haben oder Männer haben, die Welt
gebrauchen,
kaufen und besitzen, auch weinen und sich freuen. Christen sind mitten
drin - im Leben der Welt. Der Apostel führt nur wenige Beispiele
an, aber er will mit diesen Beispielen alle Lebensbereiche
eingeschlossen wissen.
Wenn er von der Ehe spricht, dann meint er Freundschaft zu anderen
Menschen und schließt die Sexualität ein. Das darf man mit
gutem Gewissen tun. So kann man sein Leben führen. Spricht Paulus
vom Kaufen, dann meint er auch gleichzeitig, daß man arbeiten
soll, daß man Geschäfte machen kann, daß man sich
etwas anschaffen kann, um sein Leben schöner und gemütlicher
zu gestalten. Und wenn Paulus von Leid und Freude spricht, von Lachen
und Weinen, dann meint er, daß wir mit unserer ganzen Person,
also auch mit unseren Herzen und Gefühlen, miteinander leben
können, ohne alles berechnen zu müssen. Der Christ steht
nicht abseits. Er tut nicht so, als ginge ihn das alles nichts an, das,
was das normale Leben ausmacht. Der
Christ lebt mitten in der Welt.
Nun das ist gut, einfach und leicht zu verstehen. Der Christ lebt
mitten in der Welt. Wir wissen jetzt, was wir zu tun haben. Wir leben,
wie die anderen auch. Aber was sind wir dann? Einfach so leben, wie die
anderen auch?
Gut. Wir sagen ja zur Ehe. Wir sagen ja zu einem bequemen und
gesicherten Leben. Wir verherrlichen die Armut nicht. Und zur Freude
und zum Vergnügen wollen wir auch ja sagen. Aber was sind wir dann?
Wenn wir so sind, wie die anderen auch, was hat es dann mit der Taufe
auf sich, die uns frei macht, in einem neuen Leben zu existieren? Was
meint dann Paulus, wenn er sagt: "Stellt
euch nicht mit dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes." (Rm
12,2) Und was meint dann Jesus, wenn er sagt: Wir Christen leben zwar
in dieser Welt, aber wir stammen nicht mehr von dieser Welt ab. Wir
sind herausgenommen. (Jh 15,19)
Nun, es geht dem Paulus nicht um Äußerlichkeiten. Es geht
ihm nicht um das, was wir tun oder nicht tun sollen. Es geht ihm
darum, w i e
wir etwas tun, was wir bei unserem Handeln sind; welche
Grundeinstellung, welche Gesinnung, welchen Glauben wir haben. Paulus
sagt: "Die Gestalt dieser Welt
vergeht." Unsere Welt und ihre Einrichtungen, alles, was
uns
lieb und teuer ist, und auch alles, was uns Kummer und Sorgen bereitet,
das besteht nicht ewig. Die Tage sind gezählt. Darum sollen wir
etwas haben, als ob wir es nicht hätten. Wir sollen etwas
besitzen, so als ob es nicht uns gehört. Das, was wir tun,
besitzen oder erleiden, sollen wir nicht zu wichtig nehmen: "Denn ich möchte, daß ihr ohne
Sorgen seid."
Ein bedeutsamer Satz ist mir in Erinnerung gekommen, den im Mittelalter
ein Philosoph, der Meister Eckhard
ausgesprochen hat. Er sagte warnend
und belehrend zugleich:
"Die Menschen sollen
nicht so
viel nachdenken, was sie tun sollen, sie sollen vielmehr bedenken, was
sie sind."
"Die Menschen sollen
nicht so
viel nachdenken, was sie tun sollen, sie sollen vielmehr bedenken, was
sie sind."
Wir tun uns schwer mit einer solchen Forderung. "Die Zeit ist kurz liebe Brüder und
Schwestern." Diesen Satz verstehen wir lediglich als
Verpflichtung in unserer knappen Zeit möglichst das richtige zu
tun. Zum Müßiggang
und zum Nachdenken kommen wir nur noch sehr selten und haben dabei das
ungute Gefühl, unser Leben zu verpassen.
Die Zeit ist kurz, verstehen wir nicht, als Wartezeit: "Habt Geduld,
Leute!" (eschatologischer Vorbehalt), sondern wir verstehen ihn als
Aufforderung zu hektischer
Betriebsamkeit. Sei es im Beruf oder im Privatleben, oder auch
hier in unserer Kirche - wir nehmen die Dinge dieser Welt alle sehr
wichtig.
Wenn wir diese Dinge aber nun so wichtig nehmen, dann stehen wir immer
in der Gefahr, von diesen weltlichen Dingen gefangen zu werden. Das ist
die Warnung des Apostels.
Sei es die Zeit, unser Geld, unser Wohlstand,
aber auch unsere Gefühle
zu anderen Menschen, Menschen die uns besonders lieb sind, - wir
klammern uns an sie, mit aller Kraft, als ob wir es ewig behalten
können, als ob wir ewig mit ihnen verbunden sind. Einzig und
allein der Tod kann noch halt sagen. Und dann brechen Welten zusammen.
Eigentlich beherrschen w
i r dann nicht die Welt, oder unser Leben, sondern
die Welt und unser Leben beherrscht u n s. Wir können
nicht mehr verzichten. Wir machen uns von morgens bis abends Sorgen,
wie wir alles behalten und vermehren können. Und was sind wir
dann? Wir sind unfrei und gefangen. Wir leben in dieser Welt und
vergöttern sie. Und daran, daß wir mal getauft wurden und
die Möglichkeit erhielten frei zu werden, daran erinnern wir uns
nicht.
Als der Apostel Paulus seinen Brief an die Korinther schrieb, da
wußte er sicherlich, daß dieses Problem sehr schwierig ist.
Die einen wollen reich sein und die anderen arm. Die einen wollen in
ihrem Leben viel Freude und die anderen suchen das Leid. Die einen
wollen verheiratet sein und die anderen verteufeln die Ehe. Paulus sagt
ihnen ein paar Sätze weiter: "Alles ist erlaubt, aber paßt
auf, daß ihr dabei nicht verkommt. ... Vergöttert nicht
diese Welt, betet sie nicht an. Stellt euch nicht mit dieser Welt
gleich, sondern verändert euch, indem ihr euren Sinn
verändert. ... Ihr seid getauft und nun nutzt diese
Möglichkeit."
Liebe Gemeinde, um das abschließend zu sagen: Dem Paulus ging es
nicht um das tägliche Einerlei - obwohl das im konkreten Fall
immer wichtig ist - dem Paulus ging es um Gottes Reich.
Gottes Reich - in dieser Welt vielleicht, oder in jedem Menschen
inwendig, da, wo es schon jetzt Wirklichkeit werden kann - das hatte er
im Sinn, denn dieses Gottes Reich kann niemand wegnehmen. Es vergeht
nicht, es stirbt nicht, sondern es besteht ewig.
Hier hat natürlich jeder seine eigenen Vorstellungen. Wie weit die
reichen werden, wie weit die hilfreich sind, stellt sich dann immer in
den Krisensituationen unseres Lebens heraus. Soviel ist aber
gewiß und dieses Gefühl haben wir alle: Gottes Reich ist
mehr als diese Welt. Darin liegt unsere Hoffnung. Den Spruch von
Meister Eckhard habe ich als
hilfreich empfunden, zu dieser schwierigen Stelle im Korintherbrief und
deshalb möchte ich ihn noch einmal wiederholen:
"Die Menschen sollen
nicht so
viel nachdenken, was sie tun sollen, sie sollen vielmehr bedenken, was
sie sind."
"Denn ich sage euch,
Brüder: Die Zeit ist kurz.
Daher soll, wer eine Frau
hat,
sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine;
wer weint, als weine er
nicht;
wer sich freut, als freue
er
sich nicht;
wer kauft, als würde
er
nicht Eigentümer;
wer sich die Welt zunutze
macht, als nutze er sie nicht,
denn die Gestalt dieser
Welt
vergeht.
Ich wünschte aber,
ihr
wäret ohne Sorgen."
und das von Ewigkeit zu Ewigkeit AMEN
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Predigt - Die Muttersprache
aus der Bibel lernen (Rm 1,16ff) 30.09.07 Pn. Orland
Liebe Gemeinde!
Heute feiern wir das Erntedankfest. Und es dauert nicht
mehr
lange, da gehen die Kinder vom Kindergarten wieder mit ihren bunten
Laternen
los. Sie ziehen um das Seggeluchbecken. Im letzten Jahr war der Zug
riesig
lang. Als die letzten losgingen, waren die ersten der über 170
fröhlichen
Eltern und Kinder schon wieder zurück.
Ich habe hier schon mal eine Laterne
mitgebracht.
Irgendetwas stimmt nicht. Sie hat ein Kürbisgesicht und die Ohren
vom
Osterhasen. Da ist auch noch eine Zipfelmütze – ist sie vom
Nikolaus – oder
etwa vom Weihnachtsmann? Ach nein, da war ja noch der Heilige Martin,
der mit
dem Mantel. Oder war´s doch der Nikolaus? Wann ist denn nun
Laternenumzug?
Gehen die Kinder da nicht auch von Haus zu Haus und bekommen
Süßigkeiten?
Als ich noch klein war, bastelten wir
in der
Grundschule zum
Martinstag Laternen und zogen dann am 1o. November durch die
Straßen. Wir
klingelten an den Türen und sangen Martinslieder. Unser Martin war
nämlich
Martin Luther und der 10. November sein Geburtstag.
Liebe Gemeinde! Die Kinder im
Kindergarten
und die
Konfirmanden nehmen wir hinein in das Kirchenjahr.
Sie spielen und lernen etwas
über seine Feste. Es sind Feste, an denen keiner verdienen muss.
Sie drücken
vor allem ein inneres Erleben aus.
Heute sehen wir: Dankbarkeit
trägt
Früchte! Wir nörgeln nicht,
sondern üben ein, dass
man sich freuen kann. Wir lassen uns nicht treiben oder von
Sonderangeboten
unter Druck setzen, sondern wir drücken dem Jahr unseren Stempel
auf. Unsere
Kinder und Konfirmanden wissen dann, wie ihre Laterne zum Martinsumzug
am
besten aussehen soll.
Eine Religion ist wie eine Sprache.
Sie ist
eine
Muttersprache. Wir drücken in unserer Sprache aus was wir
fühlen und hoffen,
was für uns gewiss ist, was wir ablehnen und wofür wir uns
einsetzen.
Wir Christen lernen unsere „Muttersprache“ aus der Bibel.
Das ist ein Buch, das vielen zu dick ist und zu schwer. Es scheint auch
zu alt
zu sein. Gibt es nicht eine Religion ohne Bücher? Eine die man
einfach so
erleben und genießen kann? Zur Zeit sind
östliche Religionen „in“. Hübsche, asiatische
Götterfiguren kann man schon im
Möbelhaus kaufen, für das Bad oder auch als Deko für den
Garten.
Nun, im Neuen Testament gibt es einen
„Reiseführer zum
Christentum“. Das ist die Apostelgeschichte. Und da lesen wir: Das
Christentum
kommt auch aus dem Osten. Aus dem Orient. Die Kirchen wurden
früher immer nach
Osten ausgerichtet. Daher kommt unser Wort vom „orientieren“.
Liebe Gemeinde! Jeder von uns
orientiert
sich. Wir
orientieren uns auch jeden Tag neu. Wir müssen Unbekanntes in
unser Denken
aufnehmen. Wir suchen nach einer Orientierung,
die uns die Sicherheit gibt,
dass wir zwischen allem Neuen uns selbst treu bleiben können. Aber
wir wollen
es auch alleine bestimmen. Wehe einer sagt uns, was wir zu tun haben!
Blättern wir doch einmal in
unserem
Reiseführer. Da lesen
wir von Paulus, dem ersten
Missionar. Auf seiner zweiten großen Reise verließ
er den Orient. Er setzte nach Europa über und kam in die Stadt,
die das
damalige Oxford war – nämlich nach Athen. Die Leute nahmen ihn mit
sich zum
Areopag, zum Marktplatz und wollten Näheres erfahren. »Uns
interessiert deine
Lehre«, sagten sie. »Manches
klingt
sehr fremdartig und wir würden gerne genauer wissen, was es damit
auf sich
hat.« Denn die Athener und die
Fremden
in Athen kennen keinen besseren Zeitvertreib, als stets das
Allerneueste in
Erfahrung zu bringen und es weiterzuerzählen. Paulus ließ
sich überreden und
erzählte von seinem Glauben.
Und nun gab es ein geteiltes Echo auf
die
Rede. Als sie Paulus von der Auferstehung
reden
hörten, lachten ihn einige aus; andere sagten: »Darüber
musst du uns ein
andermal mehr erzählen. In Athen hieß das soviel wie: Vielen
Dank, wir haben
genug gehört! Die Predigt riss die Massen nicht mit. Nein, sie
winkten sauer
lächelnd ab. Was in Jerusalem ein Ärgernis gewesen war, galt
hier in
Griechenland einfach als bodenlose Dummheit: Einen Gekreuzigten als Sohn Gottes verkaufen zu wollen!
Liebe Gemeinde! An dieser Reaktion
erkenne
ich: Paulus war sozusagen der erste
Religionslehrer. Wir sind aber alle
„Religionslehrer“ – auch wenn wir uns „raushalten“ .Auch wenn wir den
Jugendlichen sagen: Das musst du allein entscheiden! Auch dabei lernen
die
Kinder von uns.
Was wollen wir Erwachsenen den
Jugendlichen
auf ihren Lebensweg
mitgeben?
Was trägt uns? Religion ist nicht
unbedingt Deko aus dem
Möbelhaus. Nein, sie hat etwas mit Bildung zu tun, auch mit
Herzensbildung. Wie
oft waren die Klöster und Kirchen die einzigen Orte, in denen
gelernt und
gelobt werden konnte?! Heute steigt die Zahl der Menschen, die ein
Leben ohne
Gott leben, weil sie es so wollen, oder weil sie es gar nicht anders
kennen.
Aber die christliche Gemeinde muss den
Mut
haben, zu sagen,
aus welchen Quellen sie lebt. Das kann sie nicht nur den Experten
überlassen.
In unserem Land werden die Kirchen öffentlich gehört. Sie
tragen zum Zeitgespräch
bei.
Sie sagen, dass der Wert des Menschen weder auf seinen
Eigenschaften oder Taten gründet, sondern dass er seine Würde
aus der Zuwendung
Gottes gewinnt. Viele Bereiche unseres Lebens sind dem Staat von
vornherein
entzogen. Das was uns ängstigt und was uns tröstet, worauf
wir hoffen und wem
wir unsere Liebe schenken. Deshalb müssen wir sagen, wer wir sind.
Wir haben die
Möglichkeit, in der öffentlichen
Bildung mitzuarbeiten.
Ich selbst bin unglücklich wenn ich sehe, dass in den Schulen
jetzt das Fach
Religion einbricht. Wir Fachlehrer haben immer weniger Schüler,
dafür müssen
immer öfter die Lehrer der anderen Fächer zu
„Hobby-Theologen“ werden. Sie
füllen das Vakuum, dass durch das Fehlen von Religionsunterricht
entsteht.
Die ganze christliche Gemeinde
läuft in
den Sandalen des
Paulus. Nur Mut bei der Weitergabe unserer „Muttersprache“! Paulus hat
auch
immer wieder Mut gebraucht: Das Evangelium
als Kraft Gottes: Denn ich schäme
mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig
macht
alle, die daran glauben (Römer1,16ff).
Während wir Gottesdienst feiern,
laufen
Tausende in Berlin
den Marathon. Nun, mit dem „Marathon“ war Paulus als griechisch
erzogener Junge
sehr gut vertraut. Er sagt: Ihr wisst doch, dass an einem Wettlauf
viele
teilnehmen; aber nur einer bekommt den Preis, den Siegeskranz. Darum lauft so,
dass ihr den Kranz gewinnt! Alle, die
an einem Wettkampf teilnehmen wollen, nehmen harte Einschränkungen
auf sich.
Sie tun es für einen Siegeskranz, der vergeht. Aber auf uns wartet
ein
Siegeskranz, der unvergänglich ist. Darum
laufe ich wie einer, der das Ziel erreichen will.
Darum kämpfe ich
wie ein Faustkämpfer, der nicht daneben schlägt.
Entdecken wir also gemeinsam mit den
Konfirmanden unsere
Muttersprache, die Sprache unseres Glaubens. Endecken wir, wie Christen
zwischen allen Stimmen der großen Stadt Gottes Stimme gehört
haben, die ihnen
Orientierung gab.
Amen
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Predigt - Die Suche nach dem
Glück (Mt 13,44-46) 05.08.07 Pfr.
Zillmann
Der versteckte Schatz und
die
Perle - Jesus sagt:
44
»Die neue Welt Gottes ist
mit einem Schatz zu vergleichen, der
in einem Acker vergraben war: Ein Mensch fand ihn und deckte ihn
schnell wieder zu. In seiner Freude verkaufte er alles, was er hatte,
und kaufte dafür den Acker mit dem Schatz.
45 Wer die Einladung in
Gottes
neue
Welt hört und ihr folgt,
handelt wie der Kaufmann, der schöne Perlen suchte:
46 Als er eine entdeckte,
die
besonders wertvoll war, verkaufte er
alles, was er hatte, und kaufte sie.«
Liebe Gemeinde, wenn wir einem Menschen etwas Gutes wünschen, dann
sagen wir unter anderem: "Ich wünsche dir viel Glück." – bei
der Arbeit vielleicht, bei einem wichtigen Vorhaben, bei einer
Operation, die ansteht. Zum Geburtstag benutzen wir es häufig, ja
oft sagt man es auch allgemein: "Ich
wünsche dir Glück
fürs Leben." Was meinen wir eigentlich, wenn wir das Wort
Glück benutzen?
Dieses Wort ist ja kein Fremdwort, sondern ein deutsches Wort. Aber ist
uns die Bedeutung so richtig klar?
Es gibt großes Glück und kleines Glück, hat mal jemand
gesagt. Und er wollte damit nicht die Menge an Glück
unterscheiden, sondern die Qualität von Glück, oder die
verschiedenen Arten und Weisen von Glück. Im Lexikon findet man
ähnliche Wörter für Glück und
an diesen Wörtern wird deutlich, daß man wirklich zwischen
zwei großen Bereichen beim Glück unterscheiden kann.
Ersteinmal das kleine Glück. Da gibt es den Glückspilz, er
hat Glück gehabt und im Lotto gewonnen. Oder den anderen, er hat
Glück gehabt und ist beim Autounfall ohne Verletzung davon
gekommen. Oder noch ein anderer, er hat glücklicherweise das
richtige bei einer Prüfung gelernt und gut abgeschnitten.
Das kleine alltägliche Glück,
könnte man sagen, das
kleine alltägliche Glück, daß wir uns wünschen,
und um das wir andere dann auch oftmals beneiden. Für dieses
kleine Glück stehen dann die Worte: Nutzen, Vorteil, Gewinn,
Aufstieg, Erfolg oder Gedeihen .
Was ist nun das große Glück?
Es ist ja nicht die
Anhäufung von viel kleinem Glück. Also wir können nicht
zusammenzählen: 1. im Lotto gewonnen plus 2. Autounfall gut
überstanden plus 3. Erfolg im Beruf und als Ergebnis dann ist das
gleich das große Glück. Diese Rechnung geht nicht auf. Das
Leben rechnet auch anders. So zum Beisspiel:
Eine Million im Lotto gewonnen
und wenn sie mal Berichte von den
sogenannten Lottomillionären gesehen haben, dann ist es nicht
selten, daß das viele plötzliche Geld, Personen, Familien,
Beziehungen und den Lebenssinn auseinandergerissen hat. Aus dem
glücklichen Lottogewinner ist zum Schluß ein
bemitleidenswerter Mensch geworden, ohne soziale Beziehung, ohne
Arbeit, dem Alkohol verfallen und arm wie nie zu vor.
Oder der Autounfall,
Glück gehabt, mit dem Leben davon gekommen,
aber die Frau auf dem Beifahrersitz konnte im Krankhaus nicht mehr
gerettet werden und das Kind war sofort Tod.
Oder der dritte Glückspilz, die Prüfung
gut bestanden,
Abschlußzeugnis wunderbar, aber der Beruf hat keine Aussichten
mehr, die Anforderungen des sogenannten Arbeitsmarktes sind
plötzlich ganz anders. Nach der Schulbank winkt die
Arbeitslosigkeit.
Das kleine Glück unterscheidet sich vom Unglück vor allem
durch die kurze Dauer und zusammengerechnet wird es nicht viel mehr,
wird es nicht größer. Hinter dem großen Glück
steht also mehr. Ein altes Wort,
daß heute nur noch selten benutzt wird, führt uns auf den
richtigen Weg. Da kommt zum Glück die Seligkeit dazu, also Glückseligkeit. Oder
anders beschrieben: Es genügt nicht
Glück zu haben, sondern man muß es auch zu meistern wissen.
Im Glück muß man glücklich sein können. Und die
Wörter, die dann zu dieser Art von Glück stehen
heißen: Wohlsein, Segen, Heil, Freude, Sinn - also eben
Glückseligkeit.
Diese Art von Glück zu beschreiben, fällt uns natürlich
schwer. Deshalb sagen wir auch selten: Ich wünsche dir Freude, ich
wünsche dir Heil, ich wünsche dir Segen oder Sinn. So richtig
können wir mit diesen Begriffen nichts mehr anfangen. Es sind
keine alltäglichen Wörter unserer Umgangssprache und gerade
deshalb tun wir uns mit dem großen Glück auch so schwer.
Dennoch spüren wir tief im Herzen, daß es dieses große
Glück geben muß. Wir sehnen uns danach. Fast ist es wie eine
Sucht. Uns geht es gut. Wir leiden nicht Hunger, müssen nicht
frieren, leben in Frieden und das reicht aber nicht. Die Sehnsucht nach
dem großen Glück, nach der Glückseligkeit ist ganz tief
in uns verwurzelt. Und wir wissen nicht was das ist.
Die Sprache macht es wieder deutlich. Wir wünschen uns einen
Lottogewinn, aber wir sehnen uns nicht nach einem Lottogewinn. Wir
wünschen uns Gesundheit, aber wir haben nicht Sehnsucht nach
Gesundheit. Wir wünschen uns Erfolg, aber wir ersehnen diesen
Erfolg nicht richtig herbei. Das kleine Glück wünschen wir
uns - das große
Glück aber ersehnen wir. Und wenn wir diesen Unterschied mal
bildlich beschreiben wollen, dann würde ich sagen: Der Wunsch nach
kleinem Glück führt uns ins Schlaraffenland, und die
Sehnsucht nach dem großen Glück führt uns ins Paradies.
Schlaraffenland und
Paradies sind
natürlich mythische Bilder und
ich möchte da jetzt nicht so viel hineinlegen. Aber der Zustand,
wo einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, wo Milch und Honig
fließen, ist ein anderer, als der, in dem wir den Baum der
Erkenntnis und den Baum des Lebens finden. Schlaraffenland und Paradies
unterscheiden sich, wie das kleine vom großen Glück.
Die Glückseligkeit hat dann etwas mit Gottes neuer Welt zu tun und
Gottes neue Welt
ist eben
auch
mehr, als nur viele positive Dinge
dieser Welt aneinandergereiht. Bei den Beschreibungen in unserer Bibel
spielen viele bunte Bilder eine
Rolle, die ich jetzt so nicht aufzählen will. Denn Bilder
verführen uns immer, es genau so zu sehen, was wir in diese Bilder
hineinlegen. Die Sehnsucht nach Glück, nach dem Sinn des Lebens, oder nach
Gottes neuer Welt läßt sich aber so nicht beschreiben. Der
Predigtext faßt es in einem kurzen Satz zusammen:
44
"Die neue Welt Gottes ist mit einem Schatz zu vergleichen, der in
einem Acker vergraben war: Ein Mensch fand ihn und deckte ihn schnell
wieder zu. In seiner Freude verkaufte er alles, was er hatte, und
kaufte dafür den Acker mit dem Schatz."
Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, auf der Suche nach der neuen
Welt Gottes, würden wir darum alles geben, wenn wir meinen, diesen
Schatz gefunden zu haben. Und letzendlich bleibt es doch ein Geschenk,
so sehr wir uns auch Mühen unsere Sehnsucht zu erfüllen und
so sagt Jesus:
"Ich versichere euch: Wer
sich
Gottes
neue Welt nicht schenken
läßt wie ein Kind, wird niemals hineinkommen." (Lk 18,17)
Eine Geschichte aus einem Kinderbuch habe ich gefunden, die da
heißt: "Das Land der
Träume"
('Oh wie schön ist Panama' Kinderbuchautoren Janosch)
Eine Geschichte vom Leben –
nicht
nur
für Kinder. Wir begegnen in
ihr den beiden, dicken Freunden': dem kleinen Bär und dem kleinen
Tiger. Sie helfen sich, kochen füreinander, schmücken ihr
Häuschen und fürchten sich eigentlich vor gar nichts, eben
weil sie gute Freunde sind. Wer einen Freund hat, sagen sie sich immer
wieder, braucht sich vor nichts zu fürchten.
Aber so richtig zufrieden sind sie dann doch nicht. Sie leben in einem
Häuschen am Fluss neben dem Baum, haben ein Boot und viel zu
essen, sogar einen Schaukelstuhl – und doch sind sie nicht zufrieden.
Ihre Träume spielen ihnen manchmal einen Streich. In ihnen sind
sie nämlich zu gerne ganz woanders, leben gerne ganz woanders und
meinen, dort, dort sei das ganz große Glück. Wie schön
wäre es, seufzen sie oft, wie schön wäre es, wir
wären im Land unserer Träume, und sie nannten dieses Land
Panama. Dort ist alles besser, dort scheint immer die Sonne, dort
riecht es
überall nach Bananen, dort ist das große Glück für
uns.
Und weil sie mutig sind und richtig dicke Freunde, machen sie sich
eines Tages auf den Weg; auf den Weg nach Panama. Ein Weg voller
Abenteuer beginnt, voller Umwege, voller Fehlschläge, durch Regen
und dunkle Wälder, vorbei an vielen anderen Tieren, die auch nicht
wissen, wo Panama liegt.
Bis sie eine alte Krähe treffen, die weiß, wo Panama, das
Land ihrer Träume, liegt. Kommt, sagt sie den beiden, kommt mit
hoch hier auf den Baum. Und nachdem sie mühsam auf den Baum
geklettert sind, können sie das ganze Land ringsum von oben sehen.
Das da, sagt die Krähe und zeigt umher, das da ist Panama. Die
beiden Freunde schauen voll Staunen um sich. Oh ja, sagt der kleine
Tiger, der noch nie etwas von oben gesehen hat, das ist Panama. Und
Tiger und Bär merken vor lauter Freude zuerst gar nicht, dass sie
auf ihr eigenes Land schauen, auf den Fluss, den Baum, auf ihr
Häuschen mit Schornstein und Schaukelstuhl. So schön ist
Panama so traumhaft schön ist ihr eigenes Zuhause. Jetzt sind sie
wirklich glücklich.
Liebe Gemeinde, um das abschließend zu sagen, unsere Sehnsucht
nach Glück erfüllt sich manchmal, vielleicht nur einen
kleinen Augenblick, wenn der Himmel mal offen ist und wenn wir das
große Glück nicht mit dem kleinen verwechseln. Tiger und
Bär waren eben nicht nur glücklich, sondern sie sind in
dieser Kindergeschichte glückselig. Dieser Blick von oben ist dann
- wie neu geboren werden. So wie Jesus
es im Johannesevangelium beschreibt: "Wahrlich, ich versichere
dir: Nur wer von oben her geboren wird, kann Gottes neue Welt zu sehen
bekommen." (Joh 3,3)
Sehnsucht nach Glück steckt in uns allen drin,
ob wir
jung
oder
alt sind und Sehnsucht nach Glückseligkeit, nach dem großen
Glück, nach dem Sinn des Lebens, ist dann eine andere Umschreibung
für Gottes neue Welt.
Ich wünsche uns allen, daß wir einen Baum finden und
raufklettern können und von oben dann unser Leben anders sehen und
unsere Sehnsucht nach Glück erfüllt wird, von Ewigkeit zu
Ewigkeit
AMEN
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Ev.Kirche Am Seggeluchbecken in
Berlin-Reinickendorf
Pfarrer Peter Zillmann, 13435
Berlin-Märkisches
Viertel, Finsterwalderstr. 68
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