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PageAutor: Pfarrer Zillmann
(01.01.2004)
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Kirchen-Gemeinde
im Internet:
Willkommen in der Kirche
Predigten und Andachten 2003
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Inhalt
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Andacht
Jahreslosung 2004 (Mk 13,31 - Gottes Wort) Pfr. Zillmann
Predigt
Mt 4,17 (Lk 17,20-21) (Reich Gottes) 09.11.03 Pfr. Zillmann
Andacht
Kreissynode 1. Joh 4,16 (Backofen der Liebe) 25.10.03 Superintendent
Gutjahr
Predigt
Hiob 2,10 (Gut und Böse) 17.09.03 Pfr. Rochusch
Andacht
Ps 78,3-4 (Lebensweisheiten) 20.07.03 Pfr. Zillmann
Predigt
Joh 20,19-29 (Das Leben als Labyrinth) 27.04.03 Pfr. Zillmann
Predigt
Joh 19,16-30 (Jesus stirbt) 18.04.03 Pfr. Rochusch
Predigt
Mk 12,1-12 (Man muß sich verantworten können) 16.03.03 Pfr.
Zillmann
Jahreslosung
2003 - 1.Samuel 16,7 (Mensch mit Herz) 01.12.02 Pfr. Zillmann
weitere Predigten im Archiv
(Hinweis: Die Predigten sind teilweise
geschrieben wie
vorgetragen)
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Andacht Jahreslosung 2004 (Mk 13,31 - Gottes Wort)
Pfr.
Zillmann
Jesus Christus spricht: Himmel und Erde werden
vergehen;
meine Worte werden aber nicht vergehen.
(Mk 13,31 Jahreslosung 2004)
Zwischen Himmel und Erde gibt es viele gesprochene und
geschriebene Worte.
Allerdings sind sie manchmal schon vergangen und überholt,
bevor die Druckerschwärze getrocknet ist und der Wetterbericht die
Nachrichten beendet hat. Der eine sagt dies und der andere das.
Manche Menschen, die politische Verantwortung tragen,
schaffen
es sogar an einem Tag gleich mehrere Meinungen zu haben. Die Reformen
vom
Vormittag sind dann bereits abends neu reformiert und es kommt beim
interessierten
Zuhörer schnell Verdruss auf.
Aber mit den eigenen Worten, die wir im Laufe des Jahres
oder der Jahrzehnte
gesprochen haben, ist es nicht anders. Da müssen wir ehrlich
sein.
Wenn wir sie aufgeschrieben hätten, all unsere kleinen und
großen
Vorsätze, die nicht eingelösten Zusagen und Versprechen, die
Behauptungen und Vermutungen, die Zweifel und Ängste, die Fragen
und
Bitten - wenn wir sie aufgeschrieben hätten, würden wir
merken,
wie leer und vergänglich sie doch oftmals waren und sind.
Nicht umsonst spricht man heute von einer Inflation der
Worte -
im privaten, aber auch im öffentlichen Bereich bis hin zur
Politik.
Dagegen sagt Jesus: "Meine Worte werden aber nicht vergehen ..."
Dass Worte schnell vergessen sind, hat er somit als Problem
erkannt.
Und ob seine Worte ewig bleiben, ist in erster Linie eine
Glaubensfrage.
Aber dass sie schon 2000 Jahre Bestand haben und immer noch aktuell
sind,
ist eine Tatsache, die uns zuversichtlich stimmen sollte.
Es gibt also doch Worte, die länger halten als der
Schnee von gestern.
Wir sollten sie darum als kleinen Schatz hüten und weitersagen.
Gerade
in einer Zeit, wo wir nach festen und beständigen Wahrheiten
suchen,
können solche Worte eine große Hilfe sein.
"Ich gebe dir mein Wort." sagen wir zu anderen, wenn
wir unseren
Aussagen Nachdruck verleihen wollen. Gott hat uns auch sein Wort
gegeben.
Wir sollten ihn ernst nehmen, denn alles andere kommt und geht und ist
unbeständig, wie das Wetter nach den letzten Nachrichten.
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Predigt Mt 4,17 (Lk 17,20-21) (Reich
Gottes) Gemeindeversammlung 09.11.03
Pfr. Zillmann
Die ersten Worte, die uns von Jesus überliefert
sind;
die ersten Worte, mit denen er seine Predigten beginnt, lauten:
"Ändert euren Sinn, denn das Reich der Himmel ist
nahe herbeigekommen."
(Mt 4,17)
Diese Worte fassen seine Botschaft zusammen und sie
begründen
sie. Sie stehen also nicht umsonst am Anfang. Sie sind
gewissermaßen
das A und O, aus dem dann alles andere folgt. Und solch ein Satz ist es
wert, daß wir ihn uns gut einprägen. "Ändert euren
Sinn,
denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen."
Wenn dieser Satz nun so wichtig ist, wie ich behaupte, dann
hat er in
unserer christlichen Geschichte auch viele Veränderungen erlebt,
wurde
umgedeutet oder gar umgedreht.
Im schlichten Volksglauben lautet er dann: "Ein
guter Mensch
tut Buße, damit er in den Himmel kommt." So gesagt, hat er lange
Zeit die Gemüter bewegt; hat Menschen in ihrer Frömmigkeit
geprägt
und andere - gerade deshalb auch - vom Glauben abgebracht.
"Böse Menschen sind dem Teufel verfallen.", heißt
er dann,
und: "Wer seine Sünden bekennt, sie abbüßt, kann dem
Satan
entkommen und wird nach dem Tode in den Himmel aufgenommen."
Das ist eine einfache und auch recht einprägsame Glaubenshaltung.
Auch Menschen, die nicht an Gott glauben, ist sie bekannt. Und für
viele ist es die erste Äußerung, die sie überhaupt vom
christlichen Glauben und von Kirche mitbekommen; meistens durch den
Fernseher,
in Spielfilmen, Büchern oder bei Gesprächen im Verwandten-
und
Bekanntenkreis. Sie ist prägend für Generationen von
Menschen.
Sie ist prägend für Kirche und Glauben schlechthin.
Mal abgesehen vom mittelalterlichen Weltbild, daß uns
für
unsere heutigen Probleme selten Hilfe gibt, steht hinter solch einem
Glauben
auch eine echte Gefahr. Er stellt nämlich die christliche
Botschaft
geradezu auf den Kopf. Ursache und Wirkung werden leichtsinnig
vertauscht.
Jesus sagt ja nicht: Ändert euren Sinn, damit das Reich
der Himmel
herbeikommt. Also nicht: Wir müssen uns ändern, damit dann,
damit
durch unser Tun das Reich Gottes beginnt. So als ob alles in
unseren
Händen läge und wir nur das richtige und das gute zu tun
hätten
und wir belohnt würden, mit dem Reich der Himmel, mit dem Reich
Gottes.
Nein, genau umgekehrt hat er es gesagt. Erst beginnt das
Reich Gottes,
bricht gewissermaßen in diese Welt hinein. Und wenn wir dieses
Reich
Gottes wahrnehmen, was das auch sein mag, wenn wir davon eine Ahnung
bekommen,
wenn es unser Lebensgefühl trägt und auszeichnet,
dann
- und erst dann - werden wir unsere Sinne ändern, unser Leben
anders
leben.
Nun herrscht ja weithin die Meinung: "Also mit bestem
Willen, vom Reich
Gottes in dieser Welt habe ich noch nichts gemerkt. Eher leben wir
schon
in einer gottverlassenen Welt. Und Zeichen, daß es mal
irgendwie
besser wird, kann ich nicht entdecken. Und ganz besonders trübe
sieht
es in der Kirche aus. Wann und wie soll denn da das Reich Gottes
kommen?
"
Diese gängige Meinung ist alt, mindestens 2000 Jahre
alt. Und als
Jesus sie hörte, da antwortete er: "Das Reich Gottes kommt nicht
mit erkennbaren
Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, h i e
r
ist es! oder: D a ist es! Nein, das Reich
Gottes
ist mitten unter euch, oder inwendig in euch, - so ihr euch
selbst
erkennt." (Lk 17,20f)
( ...entos umwn estin - intra vos est; ... eautous
gnwsesJai aus Gnostische Apokryphen,
Thomasevangelium
)
"Schön und gut, aber trotzdem sehe ich nichts." Diese
Meinung haben
auch Große Leute vertreten. Albert Schweitzer zum Beispiel, den
ja
sicher die meisten kennen werden und von dem wir sagen würden, er
sei ein vorbildlicher Christ gewesen.
Albert Schweitzer hat mal zu diesem Jesuswort:
"Ändert euren
Sinn, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen." , er hat dazu
gesagt: Jesus hat sich in diesem Fall einfach geirrt. Gottes Reich ist
so ferne, wie eh und je. Und Albert Schweitzer hat die Konsequenz
gezogen,
hat dieser Welt, hat seiner bürgerlichen Karriere einfach den
Rücken
gekehrt und ist in den Urwald abgewandert. Da also, fernab von allem
heuchlerischen
Christentum, wollte er den Heiden zeigen, was wahre christliche
Nächstenliebe
bedeutet. - Und es ist ihm auch gelungen.
Liebe Gemeinde, wenn wir nun meinen, unsere Welt ist eine
gottverlassene
Welt, dann bleibt uns als Ausweg natürlich immer auch der Urwald.
Aber wo gibt es heute noch richtigen Urwald? Wo gibt es heute noch
abgeschiedene
Klöster, in denen wir vor dieser Welt fliehen könnten?
Und es ist ja auch nicht jedermanns Sache, seine Tasche zu
packen und
in den Busch zu ziehen. Vor diesen Mühen scheuen wir uns und
gestehen
dann eher ein: "Na, so schlecht ist es nun auch wieder nicht. Man
kann's
schon aushalten." Und daß wir es aushalten, sehen wir ja, denn
sonnst
wären wir ja hier nicht versammelt.
Aber trotzdem. Was hat es nun auf sich, mit dem Reich Gottes
oder mit
dem Anbrechen der Himmel? Ich möchte dazu drei Richtung darlegen,
wie wir uns das Reich Gottes, oder das Verständnis von
diesem
Reich verbauen können.
1.) Es geht nicht, wenn wir das Reich
Gottes nur irgendwo
im Jenseits suchen, als eine Art von himmlischen
Schlaraffenland,
in dem es nichts Lästiges gibt, keine Anstrengungen, kein Leid,
kein
Tod.
2.) Wir verstehen es falsch, wenn wir es spiritualisieren.
Also auf deutsch gesagt: wenn wir es völlig vom materiellen Leben
abtrennen, als käme es nur innerlich im Herzen vor und hätte
mit äußeren Dingen nichts zu tun.
3) Und drittens dann: Das Reich Gottes kann ich nicht für mich
alleine, also nur für meine Person, individualisieren und dann
aus der Welt meiner Mitmenschen herausnehmen. Ich darf nicht sagen:
"Reich
Gottes ist mein eigenes, ungetrübtes und inniges Verhältnis
zu
Gott. Es betrifft nur mich, weil ich fromm bin. Und andere geht es
überhaupt
nichts an, weil sie es auch gar nicht beurteilen können."
Das mag alles etwas theoretisch klingen, aber diese drei Richtungen
beschreiben
auch ganz klar bestimmte Typen von Menschen.
- Es gibt da den Träumer, der mit seinem Leben
nicht klarkommt.
Er zieht sich zurück, vereinsamt und meint, nach dem Tode wird
alles
wieder gut.
- Und es gibt den christlichen Tatmenschen, der
genau das Gegenteil
macht und sich in die Nächstenliebe hineinstürzt, um einen
guten
Platz im Himmel zu ergattern.
- Und es gibt den selbstsüchtigen Menschen,
der mit aller Ellenbogenkraft
seine Welt aufbaut. Tagsüber läßt er Gott einen guten
Mann
sein und jeden Abend sagt er immer wieder dasselbe: "Mein Gott, ich
weiß,
ich habe gesündigt, aber es hat wenigstens Spaß gemacht."
Liebe Gemeinde, jeder hat von diesen christlichen Typen etwas
in
sich, der eine mehr der andere weniger. Und oft hängt es auch von
der Lebenssituation ab, welche Richtung wir gerade bevorzugen.
Gefährlich
wird es, wenn wir ins Extrem verfallen: Nur die eine oder nur die
andere
Richtung gelten lassen, weil wir meinen, die Zeichen richtig erkannt zu
haben.
"Das Reich Gottes kommt nicht mit erkennbaren
Zeichen;" sagte
Jesus, "man wird auch nicht sagen: Siehe, hier
ist es! oder: Da ist es! Nein, das Reich
Gottes ist mitten unter euch, oder inwendig in euch, - so ihr
euch selbst erkennt."
Ich sehe daher dieses Reich der Himmel, nicht nur rein
jenseitig, nicht
nur rein geistig und nicht nur rein persönlich. Für mich ist
Reich Gottes schlicht und einfach ein Hoffnungsbild. Das Gute
im
Menschen. Ein Hoffnungsbild, das die Richtung meines Lebens bestimmt,
in
der ich Erfüllung erwarten kann.
Andere Wörter fallen mir dazu ein: Reifer werden,
glücklich
sein, Menschlichkeit, oder vielleicht auch ganz einfach "heil sein".
Das
ist eine Lebenshaltung, die von innen kommt. Manchmal ist sie
verschüttet
und manchmal erkennen wir sie ganz deutlich. Dann merken wir: Gott
meint
es gut mit uns. Wir sind OK. Und das ohne unsere Verdienste, einfach
nur
so.
Und dann und nur dann kann ich das wichtigste Gebot unseres
Handels
war werden lassen. Liebe dich selbst, um andere lieben zu können.
Das Reich Gottes ist uns geschenkt. Es ist inwendig in uns.
Wir erkennen
es, indem wir uns so annehmen wie wir sind. Und es wirkt nach
außen,
wenn wir das Gefühl haben: Ich bin OK. - Du bist OK. - Ich
hab dich gern. Ich helfe dir.
Um noch einmal auf Albert Schweitzer zurückzukommen. Er
hatte anders
gedacht als ich. Er war der Meinung, Jesus hätte sich bei dieser
entscheidenden
Sache geirrt. Die Person Albert Schweitzer ist damit zu einem Paradox
geworden. Er selber hat nicht an das Reich Gottes mitten unter uns
geglaubt
und er selber hat dann mit seiner Persönlichkeit Zeichen gesetzt,
eben für dieses Reich. Mit seinem Leben hat er seinen eigenen
Glauben
widerlegt.
Albert Schweitzer ist zu einem Vorbild von tiefer Menschlichkeit, nicht
nur für uns Christen, geworden. Er hat ein Stück Himmel in
unsere
Welt geholt. Nun, manche sagen, er war ein humanistischer Träumer.
Für mich bestätigt er aber mein Hoffnungsbild, bestätigt
er, was Jesus sagt: "Das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen."
Liebe Gemeinde, um das abschließend zu sagen, es
ließen
sich leicht noch mehr Beispiele finden. Und wichtig sind nicht die
großen
berühmten Persönlichkeiten, sondern vielmehr die kleinen Spuren
von Liebe und Vertrauen im täglichen Leben; sei es nun
zwischen
zwei Menschen, in der Familie oder zwischen Menschen, die sich
überhaupt
nicht kennen.
Auf solche Dinge müssen wir eben einfach mehr
aufpassen. Ja, vielleicht
sollten wir sie auch suchen, denn sie können uns Mut machen, damit
wir nicht immer alles gleich schwarz sehen, damit wir auch Vorbilder
haben,
wie wir es machen können, um Reich Gottes sichtbar werden zu
lassen.
Auf solche Zeichen der Liebe müssen wir achten. Nicht
sie selbst
sind Reich Gottes, aber sie bestätigen, das dieses Reich in uns
ist.
Sie zeigen, daß unser Leben einen Sinn hat, einen Sinn
für
die Ewigkeit. Denn so hat es Jesus gesagt: Das Reich Gottes ist
nahe
herbeigekommen.
AMEN
09.11.03 Pfr. Zillmann
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Andacht Kreissynode 1. Joh 4,16 (Backofen der
Liebe)
25.10.03 Superintendent Gutjahr
„Und wir haben erkannt und
geglaubt
die Liebe, die Gott zu uns hat.
Gott ist Liebe, und wer in der Liebe
bleibt,
der bleibt in Gott und Gott in ihm.“
1. Johannes 4,16
Wer ist dieser Gott, zu dem wir uns bekennen?
auf der Akademietagung in Bad Boll Ende April dieses Jahres
erzählte
die Theologin Dorothee Sölle von einem kurzen Gespräch mit
ihrer
6jährigen Enkelin. – Wenige Stunden nach diesem Vortrag, das
wissen
wir heute, ist Dorothee Sölle gestorben. – Ich habe den Text von
einem
Tonbandmitschnitt aufgezeichnet.
Dorothee Sölle erzählt: Ich lese meinem
Enkelkind Märchen
von Andersen und Grimm vor, am Sonntag aber aus einer Kinderbibel.
Plötzlich
sagt das 6jährige Kind zu mir: „Ja, Gott, - ob’s den eigentlich
gibt,
- das weiß man ja nicht so genau.“ Ich habe dann nur gesagt:
„Nein,
das weiß man wirklich nicht so genau. Beweisen kann man das
nicht,
aber es gibt einen tollen Mann in der Kirche, der hieß Martin
Luther,
und der hat mal was Schönes gesagt: Gott -, das ist ein
Backofen
voll Liebe.“ Ich, so erzählt D. Sölle weiter, habe so
etwas
noch nie erlebt. Dieses Kind war so hin von dieser Metapher. Es sagte:
„Ein Backofen, - voller Liebe, - ein richtiger Ofen, - der
wärmt?!“
Bilder prägen oft mehr als viele Sätze.
„Gott, das ist ein glühender Backofen der Liebe!“ so
die genaue
Formulierung M. Luthers. Die Menschen mit viel Liebe, in Liebe, aus
Liebe
heraus gebackene, knusprige, wohlriechende, wohlschmeckende Brote! Ein,
wie ich meine, schönes und tiefsinniges Bild. Gott als
Bäcker,
der ein Brot nach dem anderen aus seinem Backofen der Liebe herausholt,
jedes behutsam auf den Tisch legt, liebevoll betrachtet und dann
weitergibt. Brote können sehr unterschiedlich sein. Sie
können
sehr unterschiedlich aussehen, beschaffen sein, schmecken. Manche haben
eine harte Kruste, manche eine weiche... Sehr unterschiedlich
können
die Brote sein..., so unterschiedlich eben auch wie wir Menschen...
Ja, ein wunderschönes Bild: Gott, der Bäcker, der
in einem
glühenden Backofen voller Liebe Brote backt und sie dann ihrer
Bestimmung
übergibt, Brote nahrhaft und schmackhaft. „E r hat uns
gemacht
und nicht wir selbst,“ so bekennen wir. Der Bäcker und der
Backofen
sind eins.
„Jeder Mensch“, so hat jemand mal gesagt, „ist
ein einmaliger
Liebesgedanke Gottes.“
Wir sind die von Gott mit viel Liebe gebackenen Brote, zum Gebrauch,
besser gesagt: zum Verzehr bestimmt. Gottfried Keller erzählt von
einem Brot, das nicht gegessen werden wollte... Es ist eine Geschichte,
die besonders auch Kinder lieben. Immer, immer wieder musste ich sie
den
Vorschulkindern im Kindergarten erzählen.
Heute will ich sie aber lesen:
„Von dem Brot, das nicht gegessen werden wollte“
Es war einmal ein wunderschönes frisches Brot,
braun und knusprig
und herrlich duftend. Es lag In einer Bäckerei auf dem Regal, und
alle anderen Brote bewunderten es. Das Brot dachte: „Ich bin das
allerschönste
Brot, das es je gegeben hat. Und ich soll verkauft werden und in so
einer
ollen Einkaufstasche verschwinden, um zerschnitten und aufgegessen zu
werden?
Das wäre doch jammerschade:
Wenn die Bäckersfrau ein Brot vom Regal nahm, dann
duckte es
sich geschickt zur Seite und blieb liegen. Da brauchte die
Bäckersfrau
eine Schachtel und zog unter dem Regal eine Schublade auf. Als sie sich
umwandte, sprang das schöne Brot ? schwupp ? vom Regal in die
Schublade.
Die Bäckersfrau hatte nichts gemerkt und stieß die Schublade
mit dem Fuß zu. „Ein Glück", dachte das Brot, „jetzt bin ich
gerettet. Hier findet mich keiner."
In der Schublade lagen Tüten und alte Schachteln.
Als die sich
vom Schreck erholt hatten, raschelten und wisperten sie, tuschelten und
knisterten: „Ach, was ist das doch für ein wunderhübsches
Brot!
So ein feines, braunes, knuspriges haben wir noch nie gesehen. Und wie
das so herrlich duftet ? hm ? wie lecker das ist!" Sie drängten
sich
um das Brot, jede wollte ihm am nächsten sein.
Am nächsten Tag war die Begeisterung schon nicht
mehr so groß.
Die Tüten und Schachteln tuschelten schon wieder über andere
Sachen. Und nach einer Woche war das Brot auch schon längst nicht
mehr so schön. Seine knusprige Kruste wurde matt und welk, der
frische
Duft war verflogen.
Nach zwei Wochen fing das Brot an zu schimmeln. Die
alten Tüten
und Schachteln krochen angewidert in die hinterste Ecke und knisterten
beleidigt: „Pfui, wie das stinkt! Eklig ist das, der Schimmel wird uns
noch anstecken, widerlich. Wärst du doch bloß verkauft
worden,
du blödes Brot! Jetzt kommen wir deinetwegen alle um. O weh, o
weh!"
Nach einem Monat zog die Bäckersfrau die Schublade
wieder einmal
auf, weil sie eine Schachtel brauchte. Entsetzt fuhr sie zurück:
„Pfui
Teufel, das ist ja widerlich, I gitt
I gitt l gittigitt! Wer hat denn das Brot in die Schublade
gelegt?
Wie das stinkt! Und die Tüten und Schachteln sind auch alle
verschimmelt
und verdorben.“ Sie zog die Schublade ganz heraus, trug sie weit von
sich
gestreckt nach draußen und kippte alles in die Mülltonne:
„Weg
mit dem ekligen Zeug!" Dann schrubbte sie die Schublade, immer noch vor
sich hin schimpfend, gründlich aus. Der Schimmel von dem Brot, das
nicht gegessen werden wollte, sollte nicht auch noch auf die anderen
Brote
kommen und sie verderben.
Wenn Brot nicht gegessen werden will, dann verdirbt es.
Wenn Wein
nicht getrunken werden will, wird er zu Essig. Wenn eine Kerze nicht
brennen
will, wird sie alt und nutzlos.
Ein Mensch, der nicht für andere leben will,
verdirbt. Das
ist ein Satz christlichen Glaubens.
Wenn Brot nicht gegessen werden will, dann verdirbt es. Wenn Wein nicht
getrunken werden will, wird er zu Essig. Wenn eine Kerze nicht brennen
will, wird sie alt und nutzlos.
Ein Mensch, der nicht für andere leben will, verdirbt.
Das ist ein Satz christlichen Glaubens.
Wenn Brot nicht gegessen werden will, dann verdirbt es. Ein
Mensch,
der nicht für andere leben will, verdirbt. Das ist ein harter
Satz.
Wir sind Gottes aus Liebe gebackene Brote, zum Gebrauch,
besser gesagt:
zum Verzehr bestimmt.
Der Gott der Bibel traut dem Menschen sehr viel zu. Der
Mensch ist Gottes
Stellvertreter auf Erden, Mitarbeiter und Freund Gottes. Weil er aus
Liebe
gewollt und geschaffen worden ist, kann und soll er in Liebe leben und
Liebe weitergeben. Haben und Behalten allein schaffen kein Leben.
(Das Brot beginnt zu stinken.) Nur für sich sein und
möglicherweise
bleiben wollen, nur bewundert und hofiert zu werden, das führt in
den gesellschaftlichen Tod.
Leben ist Geben und Nehmen, Nehmen und Geben. Lebensfreude,
Zufriedenheit,
Sinn bekommt unser Leben nur im Teilen. Nur bei sich zu bleiben und
bleiben
zu wollen, ist kurzsichtig und letztlich tödlich.
Nach dem Zeugnis der Bibel ist der Mensch ein
Beziehungswesen.
„Am Anfang war Beziehung,“ sagt Martin Buber. Ein Mensch, der
verschuldet
oder unverschuldet aus den Beziehungsfeldern in unserem Zusammenleben
herausfällt,
leidet früher oder später darunter, nicht gesehen, nicht
beachtet,
nicht besucht, nicht gebraucht zu werden. Es beginnen – denken wir noch
einmal an das Brot in der Geschichte – Zersetzungsprozesse. Der Mensch,
der sich nur um sich selbst sorgt, schafft es immer weniger,
Brücken
zu anderen zu schlagen.
Er beginnt, sich immer mehr um sich selbst zu drehen, ja, er
beginnt,
Selbstgespräche zu führen.
Nur, wenn wir uns mitteilen und miteinander teilen, wird
unser Leben
gelingen und wird auch unser Leben Spuren im Leben anderer
hinterlassen:
Jesus hat uns gesagt und vorgelebt, dass Gott Liebe ist. (Gott ist
Liebe,
und wer in der Liebe bleibt,....) Die Liebe ist Ursprung, Grund und
Ziel
unseres Lebens als einzelne und als Menschheit auf dieser Erde.
Beweisen
können wir das nicht, nur bezeugen, bekennen.
Der Theologe Helmut Gollwitzer hat sinnvolles,
erfülltes Leben
folgendermaßen beschrieben:
„Erfülltes Leben ist Leben,
das nicht um sich selbst kreist,
das in offenen Beziehungen
zu anderen gelebt wird,
das sich von anderem Leben
in Anspruch nehmen lässt,
das Liebe gibt,
das geliebt wird,
weil es Liebe gibt.“
Wir kommen aus dem „glühenden Backofen der Liebe“, aus dieser
Herrlichkeit
Gottes, die in uns liegt. Wir wurden gebacken bzw. geboren, um diese
Herrlichkeit,
diese Liebe auf die Welt zu bringen (Nelson Mandela).
Wir danken Gott dafür, dass wir leben können. Er
hat uns bewahrt
bis zum heutigen Tag. Er hat uns den Glauben geschenkt, das tägliche
Brot für Leib und Seele.
Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, und wir
sind seine
in Liebe , mit viel Liebe gebackenen Brote zum Gebrauch, besser gesagt,
zum Verzehr bestimmt. Jesus freut sich, wenn wir Brote „angeknabbert“
oder
„geteilt“, werden; er ist „das Brot des Lebens“, das Gott uns geschenkt
hat.
Eberhard Gutjahr, Superintendent
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Predigt Hiob 2,10 (Gut und Böse) 17.09.03 Pfr. Rochusch
Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten
das Böse
nicht auch annehmen? (Hiob 2,10 Monatsspruch Oktober)
Sie, liebe Leser, werden wahrscheinlich mit dieser Äußerung
des Hiob nicht einverstanden sein. In
meiner
Bibel, der Guten Nachricht, lautet der Vers etwas besser
verständlich:
„Wenn Gott uns Gutes schickt, nehmen wir es gerne an. Warum sollen wir
dann nicht auch das Böse aus seiner Hand annehmen?“
Ich bin auch nicht mit dieser Ergebenheitshaltung
einverstanden, die
diese in einer wunderbaren Dichtung des Alten Testaments erfundene
Gestalt
ausspricht. Ich stelle mir Gott – wie es viele Menschen tun – als
die
Kraft des Guten vor, von dem gar nichts Böses ausgeht oder
verursacht
wird. Ja, bei vielen Menschen geht dieser Gedanke so weit, dass sie von
Gott das Gute ihres Lebensweges erwarten, und wehe dir Gott!, wenn das
Gute nicht eintritt. Dann hat Gott versagt, der nach
ihrer Meinung doch verpflichtet ist, uns das Gute zu
schenken.
So weit gehe ich in meinem Glauben nicht. Gott ist die Kraft
des Guten,
alles Gute kommt von ihm. Wir können das Gute von ihm erbitten,
erhoffen,
uns schenken lassen. Das Gute reicht von der Gesundheit bis zum Erfolg
im Beruf und beim Hobby, vom sich ineinander Fügen der Ereignisse
bis zum Glück, vom guten Einkommen bis zur Liebe eines anderen
Menschen.
Aber eine Pflicht Gottes, uns das Gute zu schenken, sehe ich
nicht.
Der Monatsspruch lädt uns auf jeden Fall ein,
darüber nachzudenken,
ob und wie wir das Gute von Gott empfangen. Nehmen wir es
überhaupt
zur Kenntnis? Stellen wir den gedanklichen Zusammenhang zwischen Gutem
und Gott her? Danken wir ihm?
Aber der zweite Teil macht mir Probleme. In meinem Glauben
sind es fast
immer die Menschen, die das Böse wollen, verursachen und einander
zufügen. Nicht immer verursachen Menschen absichtlich das
Böse,
oft geschieht es aus Versehen und ungewollt, aber es geschieht durch
Menschen.
Die Spannweite reicht vom kleinen bösen Wort bis zum Krieg, vom
Schmerz
zufügen bis zum Töten. Gott hat uns Menschen, seine
Geschöpfe
so mit dem freien Willen zur selbstverantworteten Tat ausgestattet,
dass
wir das Böse tun können. Und faktisch tun wir es in
reichlichem
Maße oder stehen immer in der Gefahr, es zu tun, jeder Mensch
gegen
viele andere Menschen, wenn wir unseren Willen durchsetzen wollen, wenn
wir unseren Vorteil erlangen wollen, wenn wir unsere Interessen
verwirklichen
wollen. Im Normalfall geht das immer irgendwie zum Nachteil des
Anderen,
und wir glauben uns dabei sehr oft im Recht.
Die einzige Ausnahme dieses Denkens sind für mich die Naturkatastrophen.
Wenn ein Vulkan ausbricht und die heiße Masse die Landschaft und
menschliche Ansiedlungen zerstört, dann sehe ich ursächlich
auch
nicht den einzelnen Menschen, der daran Schuld ist und das Böse,
die
Zerstörung gewollt hat. Allerdings werden wir durch
Naturwissenschaftler
oft genug darauf aufmerksam gemacht, wie sehr das allgemein menschliche
Fehlverhalten, die Ausbeutung der Natur, die Nichtbeachtung des
natürlichen
Gleichgewichts durch die Menschheit Ursache von Naturkatastrophen sein
kann. Dann geben uns diese Äußerungen zu Denken. Gott jedoch
ist nicht der Verursacher des Bösen, sondern die Natur wehrt sich
gegen den Menschen und reagiert in ihrer Weise.
Nun geht es in diesem Monatsspruch dann auch um das Ertragen
des
Bösen. Auch bei dieser Aufforderung des Hiob werden viele
Menschen
protestieren. Dem Bösen, ob von Gott ursächlich gedacht oder
von anderer Menschen verursacht, muss man Widerstand entgegensetzen,
vor
Gericht ziehen, zurückschlagen. Ertragen – nein danke! Ertragen
und
erleiden muss man es nur, wenn man sich nicht wehren kann, wenn man zu
klein ist, wenn man dadurch nur noch mehr Böses provozieren
würde.
Allerdings sagt die christliche Ethik, sich stützend
auf das Ertragen
des Leidens Christi, dass wir in der Nachfolge Christi auch
Leid,
Böses auf uns nehmen können. Hiob war insofern schon ein
Mensch
mit christlicher Erleidensethik, obwohl der Dichter und Erfinder dieser
Gestalt Jesus Christus noch nicht kennen konnte. Für ihn kam dann
auch das Böse von Gott. Für Christus geschah das Töten
durch
Menschen.
Aber mit der Frage, warum Gott das Sterben seines Sohnes
Jesus Christus
am Kreuz zugelassen hat und nicht verhindert hat, sind wir mit unserem christlichen
Glauben ganz zentral bei dem, was Hiob noch in der Verantwortung
Gottes
glaubte. Unsere christliche Antwort, dass Gott in jedem Bösen, das
geschieht, mitleidet, und jedes Böse eigentlich
überflüssig
ist.
Pfr. Rochusch
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Andacht Psalm 78,3-4 (Lebensweisheiten) 20.07.03 Pfr. Zillmann
Was wir hörten und erfuhren, was uns die
Väter
erzählten,
das wollen wir unseren Kindern nicht verbergen.
(Monatsspruch September Psalm 78,3-4)
Diese Lebensweisheit aus dem Buch der Psalmen ist leicht
verständlich.
Erfahrungen werden von Generation zu Generation weitergegeben.
Geschichten,
die das Leben geschrieben hat, sind gute Ratgeber und werden gerne
erzählt.
Kindern und Jugendlichen möchten wir damit deutlich machen, wie
das
Leben so ist.
Nun geht es in dem Psalm aber nicht um normale
Lebensweisheiten, sondern
es soll GOTT gerühmt werden. Von seinen Wundern und von seiner
Macht
soll erzählt werden. So gesehen gestaltet sich die Absicht des
Spruches
doch schwieriger, als beim ersten Lesen angenommen.
Was haben uns eigentlich unsere Eltern von Gott
erzählt? Und was
erzählen wir unseren Kindern und Enkelkindern vom "Ruhm des
Herrn"?
Erleben wir nicht oftmals einen Abbruch von Traditionen und eine
zunehmende Sprachlosigkeit,
wenn es um Fragen des Glaubens geht?
Diese
sogenannte Sprachlosigkeit in Glaubensdingen scheint aber nicht erst
eine
Erscheinung unserer Zeit zu sein, sondern der Psalmist bemerkte schon
vor
Tausenden von Jahren, daß die Menschen nicht an Wunder und
Allmacht
glauben wollen, daß sie die guten Überlieferungen der
Väter
missachten und erst wenn es ans Sterben geht fragen sie wieder nach
Gott.
Diese Lebenseinstellung ist uns gut bekannt. Was nutzt uns
jetzt aber
das Jammern über den Zeitgeist, wenn es doch schon immer
so
war, wie es ist? Sollten wir nicht viel gelassener und besonnener mit
Glaubensfragen
umgehen, als manche es tun, die mit wilden Bibelsprüchen erst
ihren
Nachbarn und danach die ganze Welt retten wollen?
Also, was wollen wir erzählen und nicht vor unseren
Kindern verbergen
- auf jeden Fall die Weisheit der Alten, die da meinten: Bleibt cool,
regt
euch nicht auf. Es gibt nichts Neues unter dieser Sonne!
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Predigt Joh 20,19-29 (Das Leben als Labyrinth) 27.04.03 Pfr.
Zillmann
Liebe Gemeinde, die Geschichte des heutigen
Predigtextes führt
uns in die Zeit kurz nach Ostern. Jesus war gekreuzigt und alle
glaubten,
er sei tot. Einige waren aber anderer Meinung und so geht die
Erzählung
so:
24 Als Jesus kam, war Thomas, genannt der Zwilling,
einer aus
dem Kreis der Zwölf, nicht dabei gewesen.
25 Die anderen Jünger erzählten ihm: »Wir haben den
Herrn gesehen!«
Thomas sagte zu ihnen: »Niemals werde ich das glauben! Da
müsste
ich erst die Spuren von den Nägeln an seinen Händen sehen und
sie mit meinem Finger fühlen und meine Hand in seine Seitenwunde
legen
- sonst nicht!«
26 Eine Woche später waren die Jünger wieder im Haus
versammelt,
und Thomas war bei ihnen. Die Türen waren abgeschlossen. Jesus
kam,
trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!«
27 Dann wandte er sich an Thomas und sagte: »Leg deinen Finger
hierher und sieh dir meine Hände an! Streck deine Hand aus und
lege
sie in meine Seitenwunde! Hör auf zu zweifeln und glaube!«
28 Da antwortete Thomas: »Mein Herr und mein Gott!«
29 Jesus sagte zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast.
Freuen dürfen sich alle, die mich nicht sehen und trotzdem
glauben!«
Soweit diese kurze Ostergeschichte. Sie ist die typisch biblische
Erwiderung,
wenn jemand sagt: "Ich glaube nur, was ich auch sehen und anfassen
kann!"
Thomas war ein Freund von Jesus. Er hat an Jesus geglaubt.
Dieser Jesus
war sein Meister und Lehrer und in allen Lagen des Lebens sein Vorbild
und Führer. Ihm ist er nachgefolgt, bis zu diesem bitteren Tag, an
dem Jesus getötet wurde. Eine Welt ist damit für Thomas
zusammengebrochen. Das weiß er. Was kann man jetzt noch tun und
auf
was soll man jetzt noch seinen Glauben setzen? Die Geschichten, die
seine
anderen Freunde erzählen, daß Jesus lebt und die Sache also
nicht zu Ende ist, daß es doch eine neue und bessere Welt
geben wird, an solche Geschichten kann er nicht glauben.
Der Thomas könnte gut ein Mensch unserer Zeit sein. "Ich
glaube
nur an das, was ich auch sehen und anfassen kann!" Großes
Gerede
und Phantasien sind nicht seine Welt. Er ist ein realistischer Mensch.
Liebe Gemeinde, damit ist er uns sympathisch. So einfach blind an
irgend
etwas glauben, das liegt uns modernen Menschen ja auch nicht. Wir
brauchen klare
Beweise, vernünftige Tatsachen, damit wir wissen, was in
unserem
Leben wichtig ist, damit wir wissen, wo es lang zu gehen hat auf
unserem
Lebensweg.
Natürlich kommt nun das große ABER: "Ja
schon, aber warum
sind oftmals gerade die unglücklich, die am meisten wissen? Warum
verzweifeln besonders die modernen und aufgeklärten Zeitgenossen
am
Sinn des Lebens? Warum gibt es gerade in den hochtechnisierten und
wissenschaftlich
geprägten Gesellschaften so viele Selbstmorde?" Ist nicht ein
gewisser Glaube, ein gewisses Vertrauen doch ganz
wichtig,
damit ich meinen Lebensweg sicher und zuversichtlich gehen kann?
Brauche
ich nicht besonders an den Wendepunkten meines Lebens, in den
Krisensituationen
auch ein Ziel, daß mir Hoffnung gibt?
"Ich glaube nur an das, was ich auch sehen und anfassen
kann!"
so hat es der Thomas gesagt und Jesus hat ihm geantwortet: »Nun
gut, du glaubst, weil du mich gesehen hast. Aber freuen dürfen
sich
alle, die nicht sehen und trotzdem glauben!«
Liebe Gemeinde, zwischen diesen beiden Lebenshaltungen
sind wir
immer wieder hin und hergerissen. Der Glaube an Gott und der Zweifel
gehen
Hand in Hand. Wir leben unser Leben. Wir glauben, daß es gut wird
und zweifeln gleichzeitig, ob es uns gelingen wird, das Gute zu
behalten.
Jesus hat zu seinen Freunden gesagt - und das mal ganz
verkürzt
gesagt - "Folgt mir nach und ihr werdet glücklich sein." Solange
er
mit seinen Freunden zusammen war, haben sie seine Aufforderung auch
wörtlich
genommen und daran geglaubt. Nach seiner Hinrichtung ging das aber
nicht
mehr so einfach und die Zweifel setzten ein.
In dieser Situation stehen wir heute auch. Wo sind die
Beweise, wo sind
die Sicherheiten, in welche Richtung sollen wir denn gehen, um ihm
nachzufolgen.
Ist nicht unser Leben wie ein Labyrinth? Wo ist Ausgang und
Eingang
und was ist das Ziel?
Bei
diesem Bild vom Labyrinth möchte ich kurz bleiben. Sie haben auf
dem
Predigtzettel ein kleine Zeichnung von solch einem Labyrinth. Ein
Labyrinth
kann vielleicht unser Leben widerspiegeln mit all seinen
Verwinkelungen,
Prüfungen, Verzögerungen, unvorhergesehenen Ereignissen.
Das älteste, kilometerlange Labyrinth kann man
heutzutage noch
auf Kreta finden. Es war so wichtig und gewaltig, daß man es
neben
den Pyramiden zu den alten Weltwundern zählte. Die antike Sage
berichtet, daß in der Mitte des Labyrinths der Tod, in Form eines
Minotaurus eines schrecklichen Ungeheuers, lauerte. Und dreist wenn man
im Zentrum des Labyrinths angelangt war und den Tod besiegt hatte, kam
man trotzdem nicht wieder ins Leben hinaus, da man in den Gängen
umherirrte
und verdurstete.
Die Christen haben später dieses Bild vom Labyrinth
aufgenommen
und umgedeutet. Jesus Christus ist am Karfreitag in dieses
Labyrinth,
in diese Todesspirale hinabgestiegen, um den Tod zu besiegen. Er hat
dann
alle dort ebenfalls eingeschlossenen Menschen heraus ans Licht
geführt.
Er kannte den Weg nach draußen, er wusste wo der rote Faden war
und
alle, die ihm nachfolgten waren gerettet.
In ganz alten Kirchen, die so bis zum 9 Jahrhundert gebaut
wurden (Chartres),
in ganz alten Kirchen finden sie noch solche Labyrinthe. An der
dunkelsten
Stelle, meistens in der Krypta, musste man auf Knien rutschen, um nach
endlosen 200 m wieder rauszukommen. Später gab es dann nur nach
Mosaikdarstellungen
und in der Mitte des Mosaiklabyrinths stand das Wort Kirche.
Die Erbauer dieser Gotteshäuser meinten, daß die
Kirche den
Menschen auf seinem Lebensweg, der ja immer auch ein Todesweg
ist,
auffangen und befreien kann. Durch die Kirche musste man durch, um aus
dem dunklen Irrwegen des Lebens herauszufinden.
Liebe Gemeinde, die kleine Zeichnung greift dieses Thema
auf. Sie können
sich beim Betrachten natürlich ihr eigenes Teil dabei denken. Als
ich das Bild das erste mal sah, fand ich es gar nicht so gut und
dachte,
der Zeichner meint "Na, ja früher oder später kommen sie
alle
mal zur Kirche". Aber das wäre zu kurz gedacht. Die Kirche ist
hier nur Mittel zum Zweck. Sie sollte den Glauben festigen, daß
zum
Schluß, auch wenn uns unser Leben wie ein Irrweg durchs Labyrinth
erscheint, und wir ständig am Sinn des Lebens zweifeln,
daß
zum Schluß doch alles gut wird und man den richtigen Weg ins
Licht
findet.
Liebe Gemeinde, um das abschließend zu sagen und zu
ergänzen.
Symbolisch kann man hier für die Kirche auch die Taufe
einsetzen.
Da wir ja heute in unserem Gottesdienst ein Kind taufen, soll darauf
besonders
hingewiesen werden. Mit der Taufe gehört man zu Jesus Christus und
er wird dann bei den Verwinkelungen, Prüfungen,
Verzögerungen,
die uns auf unserem Lebensweg begegnen, immer bei uns sein.
Sehen kann man das natürlich nicht. Aber wie hat es
Jesus zu seinem
Freund gesagt: "Freuen dürfen sich alle, die nicht sehen und
trotzdem
glauben!« und in Erweiterung dazu der Taufspruch aus dem
alten
Testament , wo Gott spricht: "Ich habe dich je und je geliebt, darum
habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte." (Jer 31,3)
Das Leben ist manchmal wie ein Labyrinth, liebe Gemeinde, aber der
Glaube ist dann wie ein roter Faden, der uns vor dem Tod retten
kann.
AMEN
. |
Predigt Joh 19,16-30 (Jesus stirbt) 18.04.03 Pfr. Rochusch
Text:
Da lieferte Pilatus ihnen
Jesus aus und
gab ihn frei zur Kreuzigung. Die Soldaten übernahmen Jesus. Er
trug
selber sein Kreuz aus der Stadt hinaus, bis zum so genannten
Schädelplatz
– auf Hebräisch heißt er Golgota. Dort nagelten sie Jesus
ans
Kreuz und mit ihm noch zwei andere, den einen links, den anderen rechts
und Jesus in der Mitte.
Pilatus ließ ein Schild am
Kreuz anbringen;
darauf stand: »Jesus von Nazaret, der König der
Juden«.
Der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nicht weit von der Stadt
entfernt,
deshalb lasen viele Juden diese Aufschrift. Sie war in
hebräischer,
lateinischer und griechischer Sprache abgefasst.
Die führenden Priester sagten
zu Pilatus:
»Schreib nicht: 'Der König der Juden', sondern dass dieser
Mann
behauptet hat: 'Ich bin der König der Juden.'« Pilatus
sagte:
»Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.«
Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz
genagelt
hatten, nahmen sie seine Kleider und teilten sie in vier Teile. Jeder
erhielt
einen Teil. Das Untergewand aber war in einem Stück gewebt und
hatte
keine Naht. Die Soldaten sagten zueinander: »Wir wollen es nicht
zerreißen; das Los soll entscheiden, wer es bekommt.« So
traf
ein, was in den Heiligen Schriften vorausgesagt war: »Sie haben
meine
Kleider unter sich verteilt. Mein Gewand haben sie verlost.«
Genau
das taten die Soldaten.
Nahe bei dem Kreuz, an dem Jesus
hing, standen
seine Mutter und deren Schwester sowie Maria, die Frau von Klopas, und
Maria aus Magdala. Jesus sah seine Mutter dort stehen und neben ihr den
Jünger, den er besonders lieb hatte. Da sagte er zu seiner Mutter:
»Frau, er ist jetzt dein Sohn!« Und zu dem Jünger
sagte
er: »Sie ist jetzt deine Mutter!« Von da an nahm der
Jünger
sie bei sich auf.
Jesus wusste, dass nun alles zu Ende
gebracht
war. Aber damit die Voraussagen der Heiligen Schriften vollends ganz in
Erfüllung gingen, sagte er: »Ich habe Durst!« In der
Nähe
stand ein Gefäß mit Essig. Die Soldaten tauchten einen
Schwamm
hinein, steckten ihn auf einen Ysopstängel und hielten ihn Jesus
an
die Lippen. Jesus nahm davon und sagte: »Jetzt ist alles
vollendet.«
Dann ließ er den Kopf sinken und gab sein Leben in die Hände
des Vaters zurück.
Auslegung:
Ich möchte Ihnen danken, dass Sie mit mir gemeinsam
über das
Sterben Jesu Christi und die Bedeutung seines Todes für uns
nachdenken
möchten. Ich bin gestern durch eine kleine Anzeige in der Zeitung
sehr erschreckt worden. Diese Anzeige drückt das Lebensgefühl
so vieler Menschen in unserer Zeit aus, ein Lebensgefühl, das
Leiden,
Sterben und Tod beiseite schieben möchte, überspringen
möchte
und den Blick nur und ausschließlich auf die fröhliche Seite
unseres Lebens richten möchte.
Die Anzeige lautet: "Wir laden alle Eltern und Kinder
herzlich ein zum
fröhlichen Ostereiersuchen am Karfreitag um 10.00 Uhr in die
Wuhlheide."
Außerdem wird in dieser Anzeige von den drei Osterfeiertagen
gesprochen,
womit auch der heutige Karfreitag einbezogen ist. Diese Anzeige ist
für
mich Ausdruck des Empfindens vieler Menschen in unserer Zeit ? leider!:
Das Leid wird übersprungen. Die Passionszeit wird
übersprungen.
Es gibt schon seit Wochen Ostereier zu kaufen, und nach Ostern gibt es
die Reste dann zum halben Preis.
Zu den Problemen unserer Zeit gehört, dass vom
Osterfest als dem Frühlingsfest mit
seinen drei Feiertagen gesprochen wird. Aber, darauf möchte ich
mit
dieser Einleitung aufmerksam machen: Es gibt keinen Frühling, dem
nicht ein Winter vorausgegangen war und es gibt kein Osterfest, dem
nicht
die Passionszeit und der Karfreitag vorausgegangen sind.
Sie machen es richtig: Sie denken mit mir über das
Sterben unseres
Herrn Jesus Christus nach. Ich bin ganz sicher, dass wir über
dieses Nachdenken
ein viel besseres Verständnis für die in unserer Welt ja doch
vorhandenen und nicht beiseite schiebbaren Schreckensmeldungen
gewinnen,
seien es Nachrichten aus dem Kriegsgebieten oder von
Verkehrsunfällen
oder vom Sterben in unserer unmittelbaren Umgebung, Familie,
Freundschaft
oder Nachbarschaft.
Wir können solchen Nachrichten nicht ausweichen, wir
müssen
uns damit auseinandersetzen und brauchen Kraft, gute, tragende, Sinn
gebende
Gedanken. Wir brauchen eine Stärkung unseres Glaubens. Darum
richten
wir heute den Blick auf den Tod dieses Einen. Darum bedenken
wir
das Sterben dessen, der zuletzt gesagt hat: „Es ist vollbracht!“. Warum
hat dieser sterbende Jesus Christus nicht ein verzweifeltes „Ich kann
nicht
mehr“ ausgestoßen oder ein zorniges „Schluss jetzt“? Und was
meint
er mit diesem Wort? Was ist vollbracht durch seinen Tod?
Der Evangelist Johannes richtet unseren Blick auf diesen
Einen, weil
sein Sterben ein ganz besonderes, ein außergewöhnliches, ein
einmaliges
Sterben ist und von daher ein sehr bedeutungsvolles Sterben. Ich
möchte
Sie aufmerksam machen auf die Feinheiten der Erzählkunst des
Evangelisten:
Da wird
1) der Weg vom Palast des Pilatus zur
Hinrichtungsstätte
in einem kurzen Satz notiert. Jesus trägt sein Kreuz allein. Keine
Notiz davon, dass er schon auf dem Weg zusammenbricht, dass man ihm
helfen
muss, wie wir es aus den Berichten der anderen Evangelien kennen. Hier
geht ein starker, kräftiger Jesus den Weg, den Siegesweg zum
Kreuz.
Hier geht unser Herr für uns den Weg durch das Leid.
2) heißt es ebenso kurz: „Sie kreuzigten ihn
und mit ihm
zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber mitten darin.“ Hier werden die
zwei anderen nicht als Verbrecher bezeichnet, hier wird Jesus nicht
durch
seine Sterbebegleiter disqualifiziert. Die beiden anderen rahmen ihn
ein,
erscheinen fast wie die engsten Freunde und Berater eines Königs,
Jesus mitten unter ihnen. Auch ihr Tod ist in seinem Sterben
aufgehoben.
3) streiten sich sehr heftig die Hohenpriester mit
Pilatus über
den Inhalt des Verurteilungsschildes. Wir wissen, dass man auf einer
Tafel
den Namen und die Begründung des Todesurteils notierte.
Diese
Tafel sagte es in allen drei damals wichtigen Sprachen: Hier stirbt der
König, nicht irgendein Verbrecher. Pilatus will sich zwar mit
diesem
Befehl zur Textgestaltung an den Hohenpriestern rächen dafür,
dass sie ihn vorher so sehr in die Enge getrieben haben und erpresst
haben,
aber Pilatus wird so unfreiwillig zum Zeugen und Bekenner der
christlichen
Grundwahrheit: Hier stirbt der König und Herr. Es wird
öffentlich
bekannt gemacht in allen Weltsprachen. Oder hat Pilatus doch etwas
begriffen
von der Würde dieses sterbenden Jesus Christus? Ist die Tafel
seine
Art der Verehrung?
4) erzählt Johannes davon, dass die Soldaten das
ungenähte,
von oben an gewebte Obergewand Jesu nicht zerstört haben,
sondern
wie um ein kostbares Etwas gewürfelt haben. Sie taten es und
erfüllten
damit ein Psalmwort. Wollte der Evangelist damit andeuten, dass es sich
um ein Eingreifen Gottes handelte, wenn ein Schriftwort sich
erfüllt?
Die Menschen, die Jesus Christus töten oder die um sein Obergewand
würfeln, sie sind nur Mittel und Werkzeug göttlichen
Eingreifens.
Menschen wollen töten und zerstören, aber Gott lässt den
Tod Christi zu als Opfer für die Versöhnung aller Menschen,
auch dieser Menschen.
Und 5) wird berichtet, dass unter dem Kreuz die
Mutter Jesu und
der Jünger Johannes stehen. Ich versuche mir, diese Szene
vorzustellen.
Wie groß wird das Kreuz gewesen sein, drei Meter, fünf Meter
hoch? Auf jeden Fall war Jesus Christus erhöht worden über
alle
hinweg, die dabei waren. Alle, die unter dem Kreuz standen, mussten aufblicken
zu
ihm und ihn so verehren, wenn sie sich nicht abgewendet und den eigenen
Problemen zugewendet hatten wie die Soldaten.
Die beiden aber, Maria und Johannes, die zum sterbenden
Jesus Christus
aufblicken, sie erhalten von ihm die kraftvollen, tröstenden,
stärkenden
und in die Zukunft weisenden Worte: Das ist dein Sohn, das ist deine
Mutter.
Jesus Christus der Gekreuzigte ordnet die Gemeinschaft der Christen und
gründet die Kirche. Vom Gekreuzigten und Sterbenden werden
Worte überliefert, die neues Leben, neue Hoffnung, neue Zukunft
begründen
im Miteinander der zum Kreuz aufblickenden und glaubenden Christen.
Es bewahrheitet sich der Wochenspruch dieser Woche, der am
Anfang des
Johannesevangeliums steht und sich wie ein Bogen bis zur Kreuzigung
spannt:
„Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn
glauben,
das ewige Leben haben.“ Wir sind eingeladen, wie Maria und Johannes
aufzublicken
zum Gekreuzigten und in ihm den Herrn zu erkennen, der Zukunft und
Gemeinschaft
und Vergebung schenkt..
Und, um den Gedankenkreis zu schließen, nehme ich noch
einmal
die am Anfang geäußerten Sorgen auf und möchte
antworten:
Wir Christen brauchen das Leid und den Tod nicht beiseite zu schieben
und
zu überspringen. Im Nachdenken über das Sterben dieses einen
besonderen Menschen entdecken wir so viele Aspekte des Glaubens, dass
wir getröstet werden, dass wir Kraft und Zuversicht erhalten. Wir
können, von Christus her gestärkt, uns dem Leid zuwenden, es
aushalten und im Tragen überwinden, denn Christus trägt das
Leid
der Welt.
. |
Predigt Mk 12,1-12 (Man muß sich verantworten
können)
16.03.03 Pfr. Zillmann
Liebe Gemeinde, der Predigttext für den heutigen
Sonntag
steht im Markusevangelium. Es ist das Gleichnis von den bösen
Weinbergspächtern.
Dieses Gleichnis ist eines von vielen, mit denen Jesus versucht, seinen
Zuhörern klar zu machen, wie man mit anderen Menschen umzugehen,
wie
man mit anderen Menschen zu leben hat - Und es versucht zu
erklären,
wie dieses Leben bewertet werden wird, einmal von den anderen
Menschen,
mit denen wir zusammen leben und dann zum anderen auch von Gott.
1 Dann wandte sich Jesus mit
einem Gleichnis
an sie. Er sagte:
»Ein Mann legte einen Weinberg
an, machte
einen Zaun darum, baute eine Weinpresse und errichtete einen Wachtturm.
Dann verpachtete er den Weinberg und verreiste.
2 Zur gegebenen Zeit schickte er einen
Boten
zu den Pächtern, um seinen Anteil am Ertrag des Weinbergs abholen
zu lassen.
3 Die Pächter aber
verprügelten den
Boten und ließen ihn unverrichteter Dinge abziehen.
4 Der Besitzer schickte einen zweiten,
dem schlugen
sie den Kopf blutig und behandelten ihn auf die schimpflichste Weise.
5 Da schickte er einen weiteren Boten.
Den brachten
sie sogar um. Und so machten sie es noch mit vielen anderen, die er
schickte:
Die einen wurden misshandelt, die anderen umgebracht.
6 Schließlich blieb ihm nur noch
sein eigener
Sohn, dem seine ganze Liebe galt. Den schickte er zu den Pächtern,
weil er sich sagte: 'Vor meinem Sohn werden sie Respekt haben.'
7 Aber die Pächter sagten
zueinander: 'Das
ist der Erbe! Wir bringen ihn um, dann gehört seine Erbschaft, der
Weinberg, uns!'
8 So töteten sie ihn und warfen
die Leiche
aus dem Weinberg hinaus.
9 Was wird nun der Besitzer des
Weinbergs tun?
Er wird selbst kommen, die Pächter töten und den Weinberg
anderen
anvertrauen.
10 Ihr kennt ja wohl die Stelle in den
Heiligen
Schriften, wo es heißt:
'Der Stein, den die Bauleute als
wertlos weggeworfen
haben,
ist zum Eckstein geworden.
11 Der Herr hat dieses Wunder
vollbracht,
und wir haben es gesehen.'«
12 Die führenden Priester, die
Gesetzeslehrer
und die Ratsältesten hätten Jesus gerne festgenommen; denn
sie
merkten, daß das Gleichnis auf sie gemünzt war. Aber sie
hatten
Angst vor der Menge. So ließen sie ihn unbehelligt und gingen
weg.
(Mk 12,1-12)
Liebe Gemeinde, eigentlich ist die Geschichte ganz
einfach.
Was die Leute, diese Pächter da machen ist eine große
Sauerei.
Sie betrügen, sind raffgierig, sie sind hinterhältig und
gewalttätig,
sie wollen sich bereichern und schrecken dabei nicht mal vor Mord und
Totschlag
zurück. Das man so etwas nicht machen darf ist klar. Man muß
keine besondere Ethik- oder Moralvorstellung besitzen, um zu erkennen:
Hier geschieht Unrecht, diese Pächter des Weinberges sind böse
Menschen. Und wenn wir uns dann selbst betrachten, sagen wir
natürlich,
so etwas würde ich nicht machen, jedenfalls nicht so mit Mord und
Totschlag, wie das hier in der Geschichte abläuft.
Dieses Gleichnis will natürlich mehr sagen und
ausdrücken,
als nur eine Moralpredigt zu sein und deshalb wird es nun doch in einer
besonderen Weise für uns wichtig, kann zum Nachdenken anregen. Die
handelnden Personen sind im übertragenen Sinne zu sehen.
Der
Weinbergbesitzer ist dann Gott und wir Menschen, jeder einzelne von
uns,
sind dann die Pächter, die diesen Weinberg, also Gottes Welt, also
unser eigenes Leben, bewirtschaften, unser Leben eben leben.
Jetzt bekommt die Geschichte eine andere Richtung. Wir haben
unser Leben
geschenkt bekommen. Und wir sind nicht die Herren darüber. Und wir
sind auch nicht die Herren dieser Welt. Und wir müssen
Rechenschaft
geben können, über unsere Früchte, über den Erfolg
und Misserfolg unseres Lebens.
Und da an dieser Stelle ist der Knackpunkt, wo die Meinungen
doch sehr
schnell auseinandergehen. Meistens denken wir nämlich nicht so,
sondern
meinen im Stillen oder sprechen es sogar aus: "Was soll das alles -
mit diesem Gerede von Herr und Knecht. Wozu an Gott glauben,
wenn ich mein Leben doch sehr gut selbst meistern kann. Dankbar sein?
sich
verantworten müssen? Vor Gott? - Nein nicht mit mir. Wer stark ist
braucht keinen Gott."
Die Frage ist also, machen wir das, was ein
überirdischer Gott
von uns will, oder bringen wir die Früchte, die ein Gott von uns
fordert?
Oder anders ausgedrückt, hören wir auf die Botschaften,
beachten
wir die Boten, die zu uns geschickt werden, um Rechenschaft zu fordern?
Lassen wir Jesus in unseren Weinberg hinein, Lassen wir Jesus in unser
Leben kommen?
Viele sagen an dieser Stelle - genau wie in unserer
Geschichte - wir
brauchen keinen Herren mehr, wir brauchen keinen Gott mehr. In der
Bibel
heißt es dann: Schließlich blieb ihm nur noch sein eigener
Sohn, dem seine ganze Liebe galt. Den schickte er zu den Pächtern,
weil er sich sagte: 'Vor meinem Sohn werden sie Respekt haben.'
7 Aber die Pächter sagten zueinander: 'Das ist der Erbe! Wir
bringen
ihn um, dann gehört seine Erbschaft, der Weinberg, uns!' Unser
Leben
nehmen wir von nun ab in die eigene Hand.
Das wir uns als normale Menschen meistens auf die eigenen
Leistungen
verlassen ist klar. Da könnte man hunderte von Beispielen
anführen.
Und solange es uns gut geht, solange wir tatkräftig unser Leben
meistern,
sind wir bestrebt, überhaupt nicht an den Besitzer des Weinberges,
also an Gott, zu denken.
In einem kleinen Witz kommt dieses Verhalten, dieses
allgemeine Denken,
gut zum Ausdruck:
Ein Mann kaufte sich ein Haus mit einem völlig
verwilderten
Garten. Viele Jahre arbeitete er darin unermüdlich und der Garten
wurde wunderschön. Eines Tages kam der Pfarrer vorbei und sagte:
Wahrhaftig,
das ist ein Wunder, was Gott in seiner Güte - mit ein wenig
menschlicher
Hilfe - aus einem Garten machen kann.
Gewiss, Herr Pfarrer, sagte der Mann, sie hätten den
Garten aber
mal sehen sollen, als der liebe Gott noch alles alleine machte.
Liebe Gemeinde, der Humor in dieser Geschichte spiegelt auf jeden Fall
unser Fühlen im alltäglichen Leben wieder. Wir Menschen
machen etwas, und nicht Gott. Und meinen: Da kommt höchsten
Unkraut
bei heraus. Die Geschichte aus der Bibel dagegen will uns vor dieser
Lebenshaltung
warnen. Irgendwann kommt nämlich der Besitzer des Weinberges
wieder
und verlangt Rechenschaft. Und so heißt es zum
Schluß
der Geschichte: und die Menschen hatten gemerkt, daß er sie mit
diesem
Gleichnis gemeint hatte.
Ob wir das auch merken, daß wir nicht die Herren
unseres Lebens
sind, sondern nur die Pächter und das wir dem eigentlichen Herren,
daß wir Gott etwas schuldig sind? Welche Früchte liefern wir
mit unserem Leben ab? Und wenn wir schon bereit sind, auf die Boten zu
hören, welche Früchte sind denn überhaupt
gefragt,
bei Gott?
Liebe Gemeinde, die Antwort darauf würde sicher Thema
einer eigenen
Predigt sein. Eines ist jedenfalls bei Gott nicht gefragt. Mit Betrug
und
Raffgier, mit Gewalt und Skrupellosigkeit verliert man letztendlich all
das, was man im Leben gewinnen will.
Ein kleiner erster Schritt in die richtige Richtung wäre
vielleicht
der, daß wir als Menschen ganz einfach dankbar sind,
dankbar
sind für unser Leben, dankbar vielleicht für die vielen
Jahre,
die wir bisher leben konnten.
Das hört sich jetzt wenig an, aber wenn dieses
Gefühl, daß
wir unser Leben nicht uns selbst verdanken, zu einem Umdenken
führt,
dann haben wir schon viel gewonnen. Dann sind wir offen, auf das zu
hören
was uns die jeweiligen Boten, des Weinbergbesitzers sagen wollen.
Eines wird aus dieser Geschichte auch deutlich. Der Besitzer
des Weinberges
ist sehr geduldig. Er versucht es immer wieder und wieder, hat eine
Engelsgeduld
und erst ganz zum Schluß, als auch sein Sohn nichts ausrichten
kann,
kommt die Frage: Was wird jetzt sein? Wird jetzt Rache genommen?
Die Geschichte bleibt halb offen, wahrscheinlich wird er
kommen und
den Weinberg wegnehmen und ihn anderen geben. Aber an dieser Stelle
erzählt
Jesus ein merkwürdiges Psalmwort: "Der Stein, den die Bauleute als
wertlos weggeworfen haben, ist zum Eckstein geworden."
Es ist nun schwierig auch noch diese Geschichte in die erste
hineinzudeuten,
deshalb abschließend und mit anderen Worten so gesagt.
Der Sohn ist der Gesandte, der Beauftragte in höchster
Vollmacht.
Er ist derjenige, mit dem sich der Hausvater gleichsetzt. Und der Tod
diese
Gesandten ist die Urschuld des Menschen, das Streben Gott nicht
ernst nehmen zu wollen, Gott einfach zu töten, ihn ans Kreuz zu
nageln,
oder einfach nur in Gedanken zu verneinen. Und so hört man dann:
"Uns
kann kein Gott helfen. Gott ist doch schon lange Tod. Wir Menschen sind
die Herren der Welt. Ich bin der Herr meines Lebens und lasse mir da
nicht
reinreden."
Wir machen an dieser Stelle gerne die Rechnung ohne den
Wirt. Wir stellen
da natürlich nicht so große philosophische Erörterungen
an, aber die kleinen Witze verraten uns doch. Wie hieß es in dem
Witz: Gewiss, Herr Pfarrer, sagte der Mann, sie hätten den
Garten
aber mal sehen sollen, als der liebe Gott noch alles alleine machte.
Die Geschichte, die Jesus erzählte, bekommt ihren
richtigen Schluß
aber erst durch sein eigenes Leben, durch seinen eigenen Tod und vor
allen
Dingen durch seine Auferstehung, was sich jeder auch darunter
vorstellen
mag, das sei mal dahingestellt.
Wir Menschen bekommen also immer wieder eine Chance.
Selbst wenn
wir Gott, und sei es nur in unseren Gedanken, umbringen. Das Ende ist
trotzdem
offen. Denn das, was wir Menschen verneinen oder verwerfen wird zum
Neuanfang,
zum Eckstein.
Ein kleiner erster Schritt in die richtige Richtung ist
wiegesagt der,
daß wir als Menschen ganz einfach dankbar sind, dankbar sind
für
unser Leben, dankbar vielleicht für die vielen Jahre, die wir
bisher
leben konnten. Und diese Dankbarkeit ist für manchen
schon
viel - schon fast ein kleines Opfer.
AMEN
. |
Jahreslosung 2003 1.Samuel 16,7 (Mensch mit Herz)
01.12.02
Pfr. Zillmann
Liebe Lesergemeinde, wer Geburtstag hat, bekommt
etwas geschenkt.
Als Jesus Christus geboren wurde, gab es auch Geschenke. In unserer
Bibel
steht die Weihnachtsgeschichte von den drei Weisen, oder den
drei
Königen aus dem Morgenland, die dem Geburtstagskind Geschenke
bringen.
Neben dieser biblischen Geschichte gibt es noch viele weitere Legenden
zur Geburt Jesu. Eine dieser weiteren Geschichten, ist die Erzählung
vom vierten König. Sie kann sowohl als Weihnachtgeschichte als
auch als Beispiel für die Jahreslosung gelesen werden.
"Im Slawenland erzählt man, dass nicht drei
sondern
v i e r Könige auf dem Weg waren, um den neugeborenen
König zu ehren. Der vierte König kam aus dem kalten
Norden.
Auf seinem weiten Weg sah er viel Elend. Er konnte nicht
vorbeigehen
ohne zu helfen. Er hatte als Geschenk für den König der Welt
drei funkelnde Edelsteine im Gürtel.
Als er eines Tages ein ausgesetztes Kind fand, kaufte er
mit einem der
Edelsteine einen Platz im Waisenhaus für das Kind. Einer Mutter
mit
vielen Kindern verhalf er mit der Weggabe des zweiten Steines dazu,
daß
sie nicht aus dem Haus hinausgeworfen wurde. Und einem Manne, der
den König beleidigt hatte und deswegen in die Verbannung geschickt
werden sollte, erwarb er mit dem dritten Stein die Freiheit. Dann gab
er,
um Not und Leid zu mildern, sein Ross, seinen Mantel und seinen
Schmuck.
Und als er nichts mehr zu geben hatte als seine eigene Kraft, tat er
Arbeit
für andere, pflegte Kranke und duldete Strafen für andere.
So kam er um viele Jahre später im heiligen Land an.
Alt und Müde,
ohne Geschenke, doch voller innerer Freude trat er durch die Tore
Jerusalems.
Da war ein großes Gewimmel. Er wurde einfach mitgerissen und
stand
plötzlich vor einem Mann, der am Kreuze starb. Über ihm stand
geschrieben: Jesus von Nazaret - König der Juden. Und der
Sterbende
schaute gerade auf ihn mit gütigem Auge.
Da kniete der vierte König nieder und sagte: "Herr,
endlich bin
ich da, wohl mit leeren Händen, aber mit reichem Herzen." -
"Ich weiß," sprach der Herr am Kreuz, "doch alles, was du
den
Geringsten unter den Menschen getan hast, das hast du mir getan." Und
er
hieß den vierten König die Hände falten und ließ
sterbend drei Blutstropfen in sie fallen. Dann neigte der Herr das
Haupt
und starb. Als aber der vierte König seine Hände aufmachte,
um
nach den Blutstropfen zu sehen, da waren es drei köstliche rote
Edelsteine
geworden."
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Ev.Kirche Am Seggeluchbecken in
Berlin-Reinickendorf
Pfarrer Peter Zillmann, 13435
Berlin-Märkisches
Viertel, Finsterwalderstr. 68
|