Internet-Archiv der
Kirchengemeinde Am Seggeluchbecken (c)
Zillmann 05.01.2001
Liebe Gemeinde,
Stellen Sie sich vor, es ist Weihnachten und kein Tannenbaum steht, keine Krippe ist geschmückt, die Kirchen sind leer, keine Gottesdienste in der Nacht, stellen Sie sich vor, es ist Weihnachten und niemand ist da! Das wäre eine schöne Bescherung! Das Fest fiele aus! Ohne Vorbereitung kein Fest, so ist das nun einmal. Wenn niemand einkauft, dann gibt es kein Festessen. Wenn sich keiner Gedanken macht, dann gibt es keine Geschenke. Und wenn keiner schmückt, dann gibt es im Wohnzimmer auch keine Weihnachtsatmosphäre. Das ist an Weihnachten kein bißchen anders, als bei jedem anderen Anlaß auch. Jedes Fest fällt aus, wenn sich niemand darum kümmert. Schauen Sie sich etwa eine ganz normale Geburtstagsfeier an: Auch die fällt schließlich aus, wenn derjenige, der Geburtstag hat, nicht einlädt, wenn niemand zum Gratulieren kommt, und keiner etwas vorbereitet hat. Das Geburtstags-Fest fällt dann aus! Aber, und dieses Aber ist wichtig, älter wird man trotzdem! Daran ändere ich natürlich nichts, wenn ich meinen Geburtstag nicht feiere, das Fest mag dann vielleicht ausfallen, Geburtstag habe ich aber trotzdem! Das Eigentliche an einem Geburtstag geschieht ganz selbstverständlich, ob ich das nun feiere oder nicht! Das klingt jetzt natürlich banal und es ist im Grunde auch eine Binsenweisheit. Aber es ist eine von den Weisheiten, die so klar sind, daß wir sie manchmal schon fast wieder übersehen. Bei aller Hektik, bei aller Aktivität und bei aller Vorbereitung, die wir immer wieder investieren, wir übersehen - denke ich - manchmal schon, daß wir das eigentliche, was hinter so einem Fest steht, gar nicht selber machen. Geburtstag ist trotzdem, ob wir ihn feiern oder auch nicht und selbst egal wie wir ihn feiern. Und ich denke, es ist ab und an gut, sich wieder einmal vor Augen zu führen, daß das mit dem Weihnachtsfest kein bißchen anders ist. Stellen Sie sich vor, es ist Weihnachten und niemand geht hin! Weihnachten ist trotzdem! Weihnachten ist nämlich kein Gedenktag, nicht nur ein Tag, an dem wir daran denken, daß da irgendwann einmal irgendetwas passiert ist, dann wäre es nämlich tatsächlich fatal. Gedenktage, die niemand mehr begeht, die fallen tatsächlich aus. Weihnachten aber, da passiert etwas. Gott kommt in diese Welt. Und das ganz unabhängig davon, ob wir etwas vorbereiten oder nicht. Damals, am eigentlichen Weihnachtstag, da war auch nichts vorbereitet. In Israel hat sich niemand um die Ankunft dieses Messias geschert. In keiner Herberge war auch nur das geringste gerichtet. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß Maria und Josef den Stall so vorgefunden haben, wie es sich eigentlich für einen Ort gehört, an dem man ein Kind zur Welt bringen soll. Damals war auch nichts vorbereitet. Gott kommt trotzdem. Und er kommt, weil er es will, ganz auf eigene Faust. Er ergreift die Initiative und zwar völlig allein, einzig und allein er. Und genauso wie er damals in die Welt gekommen ist, genauso tut er es auch heute. Er bricht in unsere Welt, er bricht in unser Leben ein, ob wir das wollen oder nicht, ob wir uns darauf einstellen oder nicht. Er tut es trotzdem. Und das, das ist dann Weihnachten! Manchmal mutet er es mir so an, als würden wir mit all unserer Vorbereitung, mit all unserer Aktivität, mit all unserem Richten und Tun, eigentlich nichts anderes im Sinn haben, als unsere ganze Hilflosigkeit dem Weihnachtsfest gegenüber zu überspielen. Wie wenn wir nicht wahrhaben wollten, daß wir am Geschehen der Weihnacht eigentlich ganz unbeteiligt sind. Das Fest, an dem wir die meiste Aktivität das ganze Jahr über entfalten, dieses Fest ist eigentlich das große Fest der Passivität. Wir können eigentlich gar nichts tun. Denn es ist Gott, der tut, der in unsere Welt kommen möchte, der Mensch wird, vor 2000 Jahren unter uns. Und heute in uns, jeden Tag aufs Neue. Stellt Euch vor, es ist Weihnachten und niemand geht hin. Dann kommt Weihnachten zu uns! Jesus Christus kommt nämlich trotzdem. Er wird uns ganz einfach geschenkt. Etwas
Übernatürliches
geschieht, wir können es eigentlich nur, voll Dankbarkeit feiern. Liebe Gemeinde, das ist besonders wichtig und soll
abschließende
gesagt werden, das ist besonders wichtig zu diesem Jahrtausendwechsel.
Nicht Silvester ist der entscheidene Tag sondern heute Nacht dieser
Geburtstag,
des Christuskindes. Das ist das Millenium-Ereigniss, denn ohne diesen
Geburtstag
hätten wir gar nicht unsere Zeitrechnung, das wird oft vergessen.
Liebe Gemeinde, heute am 31. Oktober wird, besonders in den USA und auf den britischen Inseln, das Halloweenfest gefeiert. Schließen Sie Ihre Haustüre gut ab. Kontrollieren Sie, ob alle Fenster richtig zu sind. Denn an diesem letzten Tag im Oktober ist Halloween. Dann dreht sich alles um Geister, Hexen und Teufel. Meist beginnen schon Anfang Oktober die ersten Vorbereitungen: In den Läden gibt es jede Menge Halloween-Schmuck, Kinder basteln sich unheimliche Kostüme und überall leuchten orangerote Kürbisse.
Bei Feiertag fällt mir ein, daß dieser 31. Oktober ja mal ein Feiertag war. Die Älteren werden sich noch erinnern können. Der Tag war arbeitsfrei und schulfrei. Gefeiert wurde allerdings nicht das Halloweenfest, sondern das Reformationsfest, der Gedenktag an die Reformation, an die Entstehung unserer evangelischen Kirche. Das scheint lange her zu sein. Und auf den ersten Blick gesehen, scheinen beide Fest auch gar nichts miteinander zu tun zu haben.
Der Name "Jack-O'-Lantern" ergibt sich genau wie bei Halloween aus einer alten Legende: Ein Mann namens Jack wurde nämlich vor vielen Jahren angeblich dazu verdammt, nach seinem Tod durch die völlige Dunkelheit zu wandern. Als einzige Lichtquelle bekam er vom Teufel einen Funken, der sich in einem Kürbis befand.
Die gängige Antwort der Kirche war: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele gegen Himmel springt.". Das bedeutete, daß alle schlechten Taten vergessen und vergeben waren, wenn man einen Ablaßzettel von der Kirche kaufte. Und je nach Tat und schwere der Tat und entsprechender Höhe des eingezahlten Betrages, war man damit frei gesprochen und vom Fegefeuer erlöst. Das können wir uns im kleinen vielleicht so vorstellen. Wer im Straßenverkehr eine Ordnungswidrigkeit oder gar eine schwere Straftat begeht, der bekommt in einer bösen Straßensünderkartei, in Flensburg Punkte angeschrieben, ist bald den Führerschein los oder wandert gar ins Gefängnis. Um sich hiervor zu schützen, kauft man sich einen Ablaßschein und von der Strafe wird abgelassen. Vorsorglich kann man auch schon vorher ein paar Scheine erwerben und wenn man dann falsch geparkt hat, bei Rot über die Kreuzung gebraust ist oder gerade einen Fußgänger überfahren hat, dann reicht man dem Polizisten ein Bündel Ablaßscheine durchs Autofenster und die Sache ist erledigt. Der Handel mit diesen Ablaßscheinen würde blühen, da könnte jede Stadtverwaltung mächtig Knete machen, mehr jedenfalls als mit diesen aufwendigen Knölchen. Das hätte andererseits natürlich schreckliche Konsequenzen für den Straßenverkehr, das kann man sich gut vorstellen. Diese Form der Schuldbegleichung, der Sündenbefreiung - sagte man damals, das war schon fatal aber es war für die Kirche eine einträgliche Einnahmequelle, denn wer möchte schon im Fegefeuer schmoren oder seinen Führerschein verlieren. Es ging also um viel Geld, es ging um viel Angst der Menschen, es ging um das Leben und den Tod, es ging um die Zukunft und was mal sein wird, mit jedem einzelnen von uns. Die armen Menschen konnten sich natürlich solche Ablaßzettel nicht regelmäßig kaufen und so setzten sie dann mehr auf alt bewährte Methoden. Geister vertreiben mit viel Geknalle und Lärm, den Teufel mit schrecklichen Masken selbst erschrecken, Maskottchen und Rituale einsetzen, um den Tod fernzuhalten. Karneval, Silvester und Halloween haben so bis heute überlebt und wenn man auch nicht mehr in dieser mittelalterlichen Welt denkt und fühlt, so ist doch der Spaß geblieben, das Feiern, das Fest, die Gemeinschaft mit anderen. Ein bißchen Grusel ist natürlich auch da. Man weiß ja nie so recht, vielleicht gibt es ja doch böse Dämonen, Untote, kleine und große Teufel, vielleicht ist der Himmel ja doch verbaut - für mich, für mich ganz persönlich.
Das Erste: Wir würden heute nicht mehr Buße sagen. Es gibt zwar noch das Tätigkeitswort, wenn jemand sagt: "Das wirst du mir büßen.", aber die Buße an sich ist uns doch fremd. Buße meint soviel wie: Umkehr, sich Besinnen, sich Verändern, ablassen von bösem Denken und Tun, etwas bereuen und wieder gut machen wollen. Und diese Umkehr fängt im Innern des Menschen an. Im Fühlen, im Wollen.Sie kann nicht von außen erzwungen werden und sie kann schon gar nicht mit Geld und Ablaßbriefen ersetzt werden, so daß sie sich erübrigt, diese Buße, dieses Nachdenken über mein Leben, dieses Insichgehen. Um noch mal auf den Straßenverkehr zurückzukommen; Wer aus Versehen ein kleines Kind totfährt, wird in der Regel wegen fahrlässiger Tötung 2 Jahre eingesperrt. Wenn die Strafe abgesessen ist, ist für den Autofahrer der Prozeß der Schuldbewältigung aber noch lange nicht beendet. Viele quälen sich mit der inneren Buße herum. Die Frage nach dem Leben, daß man einem anderen genommen hat, stellt das eigene Dasein in eine andere Dimension. Es geht nicht mehr um die einzelne Tat, sondern welchen Sinn hat mein ganzes Leben, wenn ich tagtäglich mit Schuld leben muß? Darauf hatte Martin Luther hingewiesen, als er dieses Jesuswort wieder an den Anfang unseres Glaubens stellte. Das ganze Leben soll Umkehr und Besinnung sein, und nicht nur die einzelne Tat oder das Ergebnis einer einzelnen Tat, nach dem Motto " Hoppla, jetzt hab ich was falsch gemacht." Das reicht eben nicht. Und das Zweite: Diese Buße, diese Umkehr, dieses Insichgehen, kann mir nicht von anderen abgenommen werden, nicht von anderen Menschen, nicht von Institutionen und nicht von der Kirche. Ich selbst, als einzelner stehe vor Gott. Allein mein Glauben, daß alles wieder gut wird, rettet mich vor dem Gefühl, daß Tod und Teufel je eine Macht sein können. Also nicht den Miesepeter machen und sagen, es hat ja sowieso keinen Sinn, sondern einfach fest darauf setzen, daß sich das Gute doch durchsetzen wird, daß jeder kleine Funke von Liebe, auf andere Menschen überspringt und mehr bewirken wird, als der Haß uns nehmen kann. Und dieses Gefühl ist ganz individuell. Das geschieht im Herzen. Da muß man sich selbst umkrempeln. Kirche und Staat sind somit raus aus dem Geschäft mit der Angst, mit der Schuld der armen Sünder. Und plötzlich klingelte das Geld nicht mehr im Kasten, plötzlich merkte alle Welt, daß die Finanzkrise der Kirche eigentlich eine Glaubenskrise wurde und die Reformation nahm ihren Lauf. Daß wir heute diesen Reformationstag als einen wichtigen Feiertag in unserer Kirche ansehen, hat also seine Berechtigung. Diese Reformation unseres Denkens und diese Reformation unseres Glaubens ist eigentlich nie abgeschlossen. Von der Reformation der Kirche soll heute mal gar nicht die Rede sein. Liebe Gemeinde, um das abschließend zu sagen: Immer wieder holen uns die eigenen Ängste ein. Wie kann ich leben als Mensch? Wie kann ich Hoffnung finden für meine Zukunft? Was wird sein, wenn nichts mehr ist? Wie komme ich raus, aus dem Gefängnis dieser meiner Angst? Drei Möglichkeiten hängen mit diesem Tag zusammen:
Noch einmal
kurz zusammengefaßt: Kaufe dich frei, das war das Motto der Dienstleistungskirche im Mittelalter. Ich verlasse mich auf andere, auf die da oben, die haben die richtigen Mittel. Knalle dich frei, und erschrecke den Teufel mit Kürbismasken, das ist Halloween, daß macht Spaß, der Aufwand hält sich in Grenzen und schaden kann es ja nichts; oder aber glaube dich frei, kehre um und sieh das Gute in dieser Welt, strenge dich an, laß dich nicht von dem Gejammer der anderen unterkriegen, das war Reformation, das macht uns zu freien Christenmenschen auch heute, die weder Tod noch Teufel fürchten müssen und denen Gott eine feste Burg ist. AMEN In diesem Sinne laßt uns nun das Lied von Martin Luther singen "Eine feste Burg ist unser Gott" 363 1-3
Liebe Gemeinde, wenn die Sommerferien zu Ende gegangen sind,
wenn die
Urlaubsreise schon fast nur noch Erinnerung ist und wenn der
tagtägliche
Trott uns wieder eingeholt hat, dann beginnt auch gleichzeitig für
viele ein neuer Lebensabschnitt. In dem Lied, daß wir anschließend singen wollen, heißt es in der ersten Strophe Str. 1 Ich möcht', daß einer
mit mir
geht, Ich denke, dieses Lied hat etwas mit unserem Schulanfang zu tun: „Ich möcht', daß einer mit mir geht, der's Leben kennt, der mich versteht.“ Ich erinnerte mich jedenfalls an meine eigene Einschulung, wie
wichtig
das mit den Freunden war. Auf der einen Seite hatte ich mich damals
gefreut,
daß ich nun nicht mehr zu den ganz kleinen gehört habe, ich
war stolz ein großes Schulkind zu sein und die Schultüte
machte
das alles noch viel schmackhafter, aber auf der anderen Seite kam ich
mir
auf einmal auch ganz elend und verlassen vor. Ein neuer Lebensabschnitt bringt uns immer mit neuen
Menschen
in Berührung - und andere Menschen, mit denen wir vielleicht
vorher
tagtäglich zusammen waren, sind nicht mehr so oft da, oder
verlassen
uns gar. Und manch einer kommt sich dann ganz alleine und einsam vor. Wir merken, und da sind jetzt die Älteren unter uns
angesprochen,
wir merken, daß jeder Lebensabschnitt mit neuen und anderen
Personen
gleichzeitig Verlust und Gewinn bedeutet. Je älter wir werden,
desto
mehr müssen wir einsehen, daß es zu unserem Leben
dazugehört,
Menschen zu verlieren. Freunde oder Freundinnen kommen in eine
andere
Klasse oder in eine andere Schule und wir sehen sie nicht mehr. Die
Kinder
verlassen das Elternhaus, und kommen eben nur noch zu Besuch, als
Gäste
zu uns und andere Menschen verlassen uns für immer, weil der Tod
sie
uns weggenommen hat. Unsere Mitmenschen bestimmen unser Leben mit, entscheiden, ob wir uns wohl fühlen, oder ob wir leiden. Und von daher ist das Lied, nicht nur eine Beschreibung der Kinderwelt, sondern die Älteren unter uns können sich da genauso gut wiederfinden. Ich möcht', daß einer mit mir
geht, Das ist natürlich manchmal schwierig, aus unseren Erfahrungen wissen wir das. Mit anderen Menschen auszukommen, ist nicht immer leicht, weil andere Menschen eben immer anders sind. Aber die dritten Strophe des Liedes gibt uns zu diesem Wunsch, daß einer mit mir geht, durch die guten und schlechten und Neuen Zeiten auch gleichzeitig eine Antwort und eine Hoffnung: Es heißt, daß einer mit mir
geht. Das ist natürlich ein frommer Wunsch und der macht nur Sinn, wenn man auch an Gott glauben kann, aber vielleicht sind ja gerade diese neuen Lebensabschnitte, gut dazu da, sein Vertrauen auf Gott zu setzten. Liebe Gemeinde, es gehört zum Leben dazu, daß wir
etwas neues
anfangen und dabei gewinnen und daß wir auch manches verlieren.
Und
unsere Mitmenschen stehen dabei immer im Mittelpunkt, egal ob es meine
Mitschüler in der ersten oder in der 7 Klasse sind. Egal ob die
Mitmenschen
Arbeitskollege oder Nachbar heißen. In einem Kindergebetsbuch fand ich folgendes Gebet, daß ich zum Abschluß vorlesen möchte. Ein kleines Mädchen hat dieses Gebet geschrieben und sie hat auf Gott vertraut, der ihr ihre Furcht genommen hat. und so sagt sie: Lieber Gott, heute ist mein erster Schultag. Welche Lehrer bekomme ich? Gib mir Lehrer, die mich verstehen, bei denen das Lernen
Spaß
macht. Schenke allen Kindern einen guten Anfang. Amen Laß uns nun das Lied Nr. 209 singen. Ich möcht
daß
einer mit mir geht. Str.1 Ich möcht',
daß
einer mit mir geht, Str.2 Ich wart', daß
einer mit
mir geht, Str.3 Es heißt,
daß einer
mit mir geht, Str.4 Sie nennen ihn den
Herren Christ, Text und Musik: Hanns Köbler 1964
Liebe Gemeinde, am Mittwoch, in der vorigen Woche (24.03.99) war ich um 9.00
Uhr bei
Aldi einkaufen. Es ist der Tag der Sonderangebote. Eine dicke
Menschtraube
war versammelt. Ich war der achtzigste - in einer Reihe, die man nur
vermuten
konnte und hinter mir waren weitere zwanzig Drängler. In diesem
Existenzkampf
stand ich auf verlorenem Posten. Bereits am Gemüsestand war Stau
und
in weiter Ferne, da wo die begehrten Artikel im Hochhalten leerer
Kartoons
zu vermuten waren, hörte ich Schmerzensrufe von zertretenen
Hühneraugen.
Besen und Gartengeräte wirkten vom weiten wie Schwerter und Degen,
wie hauen und stechen. "Mein Gott, was ist denn hier los!" rief eine andere, "Wir sind doch hier nicht in Albanien." "Welch ein Tag?" dachte ich, was für Erinnerungen kommen da hoch. Dieser Mittwoch, es war ja der erste Kriegstag nach 1945, - Krieg mit Serbien - lief gerade im Fernsehprogram. "Welch ein Tag?" Da im Abendfernsehen, da war auch eine Menschmenge zu sehen. Lebensmittel wurden verkauft. Das Gedrängel war nicht ganz so groß wie bei Aldi, aber die Gesichter der Menschen, erzählten Geschichten, die man nur erahnen konnte. Eine alte serbische Frau, nachdem sie ein Brot in ihrem Beutel gesichert hatte, ging weg und bekreuzigte sich dreimal. Ihre Lippen bewegten sich, vielleicht war es das Vaterunser, der Dank fürs tägliche Brot, die Bitte um Schuldvergebung oder "Herr erlöse uns von allem Übel." Ich weiß es nicht. Die Bomben auf Belgrad waren gefallen und dieser alten Frau sah man es an, daß sie wußte, was jetzt los war. Sie erinnerte sich an vergangene Zeiten, das stand ihr im Gesicht geschrieben, als sie in die Kamera blickte. Die Not, das Leid, das Meuchelmorden der Nationalisten, ihre Augen schienen zu sagen: "Links und Rechts ist hauen und stechen und ich stehe mitten drin, mein Gott, warum hast du mich verlassen."
mein Gott - Es fällt mir sehr schwer, dieses Gesicht angemessen zu beschreiben. Sehe ich Zorn? Sehe ich Gram? Sehe ich Entsetzen? Genau weiß ich es nicht. Drücken die tiefen Falten im Gesicht den Schmerz aus, den der Körper erleidet? Oder sind die Falten Ausdruck des Schmerzes der Seele? Ein wenig scheint sich der Körper noch festzuhalten, ja anzulehnen an den letzten Halt, eine Stange. Ecce homo, steht neben dem Gesicht geschrieben: Seht, welch ein Mensch! Der eine Mensch, der wie jeder Mensch geworden ist. In der Qual ist wohl niemand etwas besonderes. Das Gesicht und sein Ausdruck kommen mir sehr nahe. Kaum eine Flucht ist möglich. Vielleicht will ich gar nicht so genau hinschauen, wie ich soll. Ich will gar keine Qual sehen, nicht schon wieder. Und wenn ich sie doch sehen muß, will ich bei allem Grauen nicht auch noch die Ferne Gottes sehen. mein Gott
Liebe Gemeinde, um das abschließend zu sagen. Ich
weiß
nicht, ob der Krieg mit Serbien Sinn macht? Wir dürfen nicht
wegschauen,
wenn Menschen gequält werden. und wer nichts tut, der macht sich
gerade
dabei schuldig. Er schiebt Gott in die Ferne, er vertreibt ihn aus
seinen
Gedanken.
Gottesdienst mit Taufe eines Konfirmanden Liebe Gemeinde, lieber Christian, liebe Gäste! "Eine feste Burg", das ist für uns Heutige wohl vor allen Dingen ein Ausflugsziel im Urlaub, eine Sehenswürdigkeit aus vergangenen Zeiten, die wir uns staunend ansehen und dabei vom Leben der Burgfräulein und Ritter träumen. Bei den jüngeren unter uns kommen Burgen, Schlösser und Verließe auch auf dem Bildschirm vor, in den Supernintendo- und Komputerspielen. Da gilt es, den richtigen Weg hindurch zu finden und die Gegner zu besiegen. Bei beiden, bei den wirklichen wie bei den virtuellen Burgen erleben wir das Gefühl, daß die dicken Mauern Schutz bieten und Sicherheit vor den Feinden von außen. Nun sind ja die Zeiten längst vorbei, wo Angriffe von feindlichen Rotten und gegnerischen Heeren zu befürchten waren. Oder etwa nicht? Wir leben in unserem Land seit einen halben Jahrhundert in Frieden. Krieg ist immer weit weg und für die meisten von uns unvorstellbar. Nicht nur Christian, sondern auch seine Eltern sind nach dem Krieg geboren, wissen höchstens noch aus den Erinnerungen der Älteren von den Kriegs- und Nachkriegszeiten. Fragen wir junge Menschen nach dem Begriff 'Feind', dann kommt als Antwort auch gar nicht: Kriegsgegner. Dennoch kennen wir alle, junge wie alte, Feinde, die uns das Leben schwer machen. Menschen, vor denen wir uns fürchten, Situationen, die wir am liebsten meiden würden, eine ungewisse Zukunft, Krankheit und Verluste. Mancher ist auch sich selbst zum Feind geworden, kommt mit sich und seinem Leben nicht mehr zurecht. Es ist gut, wenn man sich darauf besinnt, was wirklich wichtig im Leben - ist. Darüber haben auch wir gesprochen, Christian - und ich konnte dir sofort zustimmen - als du sagtest, daß Freunde ganz wichtig sind. Freunde, die einem vertrauen und denen man sich auch selber anvertrauen kann. Ein Mensch ohne Freunde ist wie ein Baum auf trockenem Land: Er wächst zwar, entwickelt seine Wurzeln, aber sie finden kein Wasser und vertrocknen allmählich. Der Baum verliert seine Widerstandskraft, und jedes Insekt kann ihm Schaden zufügen. Langsam stirbt der ganze Baum ab. Freunde sind wie eine Schutzmauer, die einen gegen das Böse, gegen andere Jugendliche z.B. und gegen die eigene Angst schützen. Angst ist ein negatives Gefühl, wir fühlen uns schlecht können gar nicht mehr richtig überlegen, was zu tun ist. Das kennen wir aus der Begegnung mit Menschen, aber z.B. auch vor Wettkämpfen im Sport. Angst kann aber auch ein Gutes haben, denn sie warnt uns instinktiv vor Gefahren. Freunde helfen gegen die Angst. Einer ist da, auf den wir uns immer verlassen können, auch wenn wir von allen Menschen verlassen zu sein scheinen. Christian hat für sich einen Taufspruch ausgesucht, der das ausdrückt: "Auf Gott hoffe ich und fürchte mich nicht, was können mir Menschen tun?" (Ps 56,12) Hier geht es also auch um die Angst, um das Sich fürchten, und in dem ganzen 56. Psalm erzählt einer, wie er sich von Menschen bedrängt und verfolgt fühlt, und dennoch nicht an seiner Angst erstickt. Zunächst ist der Spruch aber eine Frage: Was können mir Menschen tun? Und wie wir schon hörten, lautete die Antwort: Menschen können dir sehr viel tun, und davor hast du Angst. Wer aber Angst hat, ist unfrei. Der Psalmbeter hat für sich entdeckt, was Millionen Menschen vor und mit ihm auch wissen: gegen die Angst hilft das Vertrauen auf Gott. Gottes Beistand macht frei. Diese Behauptung hat sich nicht einfach jemand ausgedacht; Menschen haben es immer wieder, zu allen Zeiten und in den unterschiedlichsten Situationen erlebt: Gott steht mir bei, Gott hilft mir, Gott geht mit mir, wo immer ich auch hingehe. Wenn wir Christian heute taufen, dann bedeutet das, daß wir ihn von nun an für sein ganzes Leben in Gottes Obhut geben und daß Gott seine Zusage an ihm einlösen wird. Es ist, als ob ein Mensch mit seiner Taufe aus seinem alten Leben heraustritt und zu Gottes Kind wird. Wie bei einer richtigen Adoption erhält er auch einen neuen Namen. Bei den katholischen Schwestern und Brüdern bekommen die Täuflinge übrigens wirklich einen Taufnamen. Jeder Getaufte aber darf sich fortan Christ nennen. Bei dir, Christian, lag das ja schon in dem Namen, den dir deine Eltern gegeben haben. Heute aber wirst du Mitglied einer neuen, viel größeren Familie, der Familie Christi. Von dem, dessen Namen du nun auch trägst, hast du im Konfirmandenunterricht schon gehört. Du erinnerst dich an die Geschichten, wie Jesus immer bei den Menschen war, die ihn brauchten. Er heilte z.B. einen Mann, der viele Jahre gelähmt war, vielleicht in seiner Angst unbeweglich geworden war, und machte ihn frei zu gehen. Jesus sagte den Menschen das Wort der Hoffnung, wenn sie vor Hoffnungslosigkeit stumm und starr geworden waren. Uns allen hat er versprochen: Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende von Zeit und Raum. Das hat Jesus gesagt, als er schon auferstanden war und sich für immer von seinen Jüngerinnen und Jüngern verabschieden wollte, damit sie seine Sache nun selbständig fortsetzen sollten. Vorher aber, im Garten Gethsemane, kurz vor seiner Festnahme, da gab es noch eine kleine Begebenheit, die mir ganz wichtig ist: Als sein Ende unausweichlich näher kam, da hatte auch Jesus Angst und hat zu Gott gebetet, daß er das Bevorstehende doch abwenden möge. Und dann sagte Jesus, daß er Gottes Willen akzeptieren würde: "Es geschehe, wie Du willst." Darin drückt sich für mich tiefstes Gottvertrauen aus. So, wie Gott über mich bestimmt, so soll es geschehen. Auch, wenn ich nicht einsehen kann, warum,- auch, wenn es mir so vorkommt, als ob alles schief läuft in meinem Leben, Gott wird den Sinn darin kennen und auch ich werde ihn am Ende wissen. "Auf Gott hoffe ich und fürchte mich nicht, was können mir Menschen tun?" So ein Taufspruch ist dazu da, daß er einen ein Leben lang begleitet, einen erinnert und tröstet. Christian, du hast schon eine Menge erlebt in deinem Leben, und ich bin sehr froh, daß ich dich von Anfang an kenne. Sicherlich wartet noch viel viel mehr auf dich. Das meiste davon können wir heute noch gar nicht ahnen, einiges ist abzusehen. Was auch immer geschieht, vergiß nicht, was das wichtigste im Leben ist: Freunde, die einem vertrauen und auf die du dich verlassen kannst. Wenn du so willst, ist Gott dein bester Freund, der immer bei dir ist, der dir hilft gegen die Angst und der dich frei macht. Das Geschenk der Freiheit ist aber zugleich auch eine Gabe, die verpflichtet, denn niemand hat sein leben von Gott bekommen, um es nur für sich selbst zu genießen. Jede und jeder hat seinen Platz, an dem er oder sie nützlich sein und anderen helfen soll. Manchmal muß man lange suchen, bis man diesen Platz gefunden hat. Auch du, Christian, wirst den deinen eines Tages finden. Vielleicht geht es dann dir auch so, wie den beiden Mönchen in folgender kleinen Geschichte: Zwei Mönche lasen in einem alten Buch, es gäbe einen Ort am Ende der Welt, wo sich Himmel und Erde berühren. Sie beschlossen ihn zu suchen und nicht eher umzukehren, als bis sie ihn gefunden hatten. Lange durchwanderten sie die Welt, erlebten unzählige Entbehrungen und Versuchungen, die einen Menschen von seinem Ziel abbringen können. Aber sie behielten nur ihr Ziel vor Augen. In dem alten Buch hatten sie nämlich gelesen, daß sie am Ende eine Tür finden würden. Wenn man an dieser Tür anklopfe, dann befinde man sich bei Gott. Schließlich waren sie am Ziel. Voller Zaudern klopften sie an die Tür und sahen, wie sie sich öffnete. Als sie eintraten, befanden sie sich zu Hause in ihrer Klosterzelle. Da begriffen sie: Der Ort, an dem sich Himmel und Erde berühren, ist auf dieser Erde, an der Stelle, die Gott uns zugewiesen hat. Und noch eines: Gott ist nicht in der Ferne zu finden, sondern ist ganz nahe, dort, hinter meiner eigenen Tür, hier, wo ich zu Hause bin. Wo ich voller Hoffnung anklopfe, wird Gott selbst mir die Tür öffnen, wann immer ich auf Gott vertraue, wird mir nicht mehr angst sein. Amen.
Hoffnung läßt nicht
zuschanden werden! Liebe Gemeinde, Dietrich Bonhoeffer (= 1945) schreibt in seinen "Gedanken zum Tauftag" vom Mai 1944 folgendes: "Wir selbst sind wieder ganz auf die Anfänge des Verstehens zurückgeworfen. Was Versöhnung und Erlösung, was Wiedergeburt und Heiliger Geist, was Feindesliebe, Kreuz und Auferstehung, was Leben in Christus und Nachfolge heißt, das alles ist so schwer und so fern, daß wir es kaum mehr wagen, davon zu sprechen. In den überlieferten Worten ahnen wir etwas ganz Neues und Umwälzendes, ohne es schon fassen und aussprechen zu können. Das ist unsere eigene Schuld. .... Aber der Tag wird kommen, an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, daß sich die Welt darunter verändert und erneuert." (Widerstand und Ergebung, 1961, 2. Aufl., S.167). Unser Monatsspruch, das Schlußwort des Paulus in der Argumentationskette Römer 5, 1-5, besteht aus solchen großen Worten uralter biblischer Überlieferung. Stichworte sind: Hoffnung, Liebe Gottes und Heiliger Geist. Hoffnung - hoffen, das ist die in mancher Not und Bedrängnis durch aushaltende Geduld bewährte Hoffnung. Ohne solche Hoffnung auf Veränderung unserer Lage ist unser menschliches Leben ohne Inhalt und Ziel. Ein Arbeitsloser ohne Hoffnung gegen alle Widerstände
gibt sich
selbst auf. Er hat das Gefühl, wertlos und ohne Bedeutung für
seine Mitmenschen zu sein. Wer dagegen das nötige
Selbstwertgefühl
behält und in bedrängender Not nicht aufgibt, der wird
getragen
von bewährter Hoffnung. Der macht die gute Erfahrung: "Mit Harren
und Hoffen hat' s mancher getroffen!" Nach Liebe, Zuwendung und Zärtlichkeit sehnt sich
jeder
Mensch. Wir brauchen Liebe ebenso wie die Blumen das Sonnenlicht, um
wachsen
und gedeihen zu können. Unser Herz wird weit und offen, darin wird
es warm und hell, wenn Gottes Liebe darin wohnt und zu Hause ist. Gott
aber sieht uns liebevoll an, weil wir um Jesu willen rechte Partner,
also
Kinder Gottes sind. Für uns steht die Tür zum Vaterhaus
offen,
so daß wir in gutem Frieden leben mit Gott und unseren
Mitmenschen.
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